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Erfahrungen

Die unglaubliche Kriegsflucht…

…meiner Ahne Maria mit ihren 4 kleinen Buben
zurück nach Aidlingen, nachdem sie 8 Jahre zuvor nach ihrer Heirat mit Christian wegen der Landwirtschaft nach Schlesien ausgewandert war

die Infos sind aus den vielen Handschrift-Seiten meiner Ahne
„WIE´S DAHEIM WAR – Meinen Kindern und Enkeln“
indem sie das erlebte ihrer Nachwelt erhalten wollte
und sicherlich viel des Unfassbaren verarbeitete
(Ahne´s Originaltext ab November 1943)

Am 2. April 1936 heiratet Maria Benz Christian Stiefel in ihrem Geburtsort Aidlingen.
Er ist aus Trauzenbach und hilft ihrem Bruder Ernst der Wägner ist, beim Bau desPferdewagens für den bevorstehenden Umzug nach Schlesien wo das junge Paar am 13. März einen Bauernhof mit Land zur Aufsiedlung erstanden haben.
Aus dem Buch: Dr. Oetker und der Nationalsozialismus
Am 16. April verabschieden sich Maria und Christian von ihren Geschwistern, Freunden, Verwandten und Bekannten in Aidlingen und machten sich mit dem beladenen Pferdewagen via Zug auf den Weg nach Trauzenbach wo vorm Abschied von Christians Verwandschaft, Freunden und Bekannten noch mehr aufgeladen wird.
Nach 4 Tagen Zugfahrt kommt das junge Paar am Buchelsdorfer Bahnhof in Schlesien an.
Und dann ging es zum Haus in Haugendorf wo 1935/36 4 identische Häuser (gerade mal so fertig) für das „Neue deutsche Bauerntum Haugendorf“ für 4 „Neubauern“ gebaut wurden.
Nachdem das Haus vom Bauschmutz gereinigt ist geht es von sehr früh bis spät an die schwere bäuerliche Arbeit bei der allmählich mehr und mehr Tiere und Gerätschaften (mit Kredit) gekauft werden
Am 31. Januar 1937 kommt mein Onkel Ernst zur Welt…
…und dann folgen
am 2. Februar 1939 mein Vater Fritz
am 30. Januar 1940 mein Onkel Klaus…
…und am 14. April 1942 mein Onkel Eckhard

Im November 1943 bekam auch unsere liebe (Nachbars)Familie Heck ihr erstes Kind, einen Hartmut. Tante Trudl, wie sie geheißen wurde, wurde von ihrer lieben Mutter unterstützt, die Wittfrau geworden war. Werner, ihr Mann, war auch im Krieg.
Bei unseren Nachbarn Seitz war schon im Juni ein Bub angekommen.         
So war man in dem totalen Krieg immer mehr gefordert und manchmal ging es wirklich über die Kraft.
Da unser Vater (Christian) fast ausschließlich nur noch unterwegs war auf all den Betrieben, bekamen wir einen französischen Kriegsgefangenen.       
Gaston war ein Bauernsohn aus der französischen Schweiz.    
Schon bald durfte er heim.
Dann kam ein Bernhard aus Bordeaux. Er stellte sich bewusst ungeschickt an.      
Er wurde dann einem noch dringenderen Fall zugewiesen und hat später in Namslau meinem Mann gesagt, als er ihn zufällig traf, wie gern er wieder zu uns käme.

Im Juni 1944 bekamen wir eine 39 jährige Polin, die von ihrem Hof vertrieben wurden. Ihre Eltern kamen nach Bayern zum Arbeiten.    
Franziska war ein so liebes Mädchen wie ich noch keines vorher hatte.       
Sie war klein und flink und mit den Kindern wie eine Mutter.  
Aber sie hatte so großes Heimweh nach Zuhause und nach ihren Eltern, dass wir manchmal zusammen weinten.        
Ab August musste sie in Lorzendorf beim Schanzen (Panzergräben ausheben) helfen. Sonntags kam sie immer zu uns und ich konnte ihr manches geben, denn die Suppen seien so dünn und der Lehmboden so schwer.
Der Herbst war dann so nass, dass die Herbsternte unter härtesten Bedingungen eingebracht wurde. Es regnete Tag für Tag und der Dreck hing klumpenweise an den Schuhen und Wagenrädern, Kartoffeln und Ackerrüben waren fast nicht sauber zu kriegen.
Bei Nachbar Seitz war nun auch Hans, 18 jährig, eingezogen worden.         
Wir fuhren die Zuckerrüben auf den Hof bis zum Verladen. Die Wagen sanken bis zur Achse im Dreck ein, so konnte man nur mit Vorspann aus den Ackern kommen.
Bei der Herbstbestellung musste man die Kinder unbeaufsichtigt im Hause lassen.

Unser Vater kam für 14 Tage zur Volkssturmausbildung, er bekam eine Kiefer-vereiterung und kam mit einem so verschwollenen Gesicht heim. Ich war in Namslau und wollte für Weihnachten einkaufen.     
Auf dem Ring beim Rathaus standen Wagen mit Zeltdächern und vielen fremdartigen Menschen. Unzählige Flüchtlinge aus Siebenbürgen.     
Dieses Bild hat mich viel erschüttert und es beschlich mich eine große Angst.

Wieder war es Weihnachten, die 5. Kriegsweihnacht.    
Man war es den .Kindern schuldig, fröhlich zu sein, aber es war eine erzwungene Stimmung.
Die Buben erhielten aus Leipzig eine Dampfmaschine, die eine Mühle antreiben konnte. Eine Soldatenfrau schickte sie, an die wir ein Lebensmittelpaket geschickt hatten.
Ihr Mann musste im Sommer einen Munitionszug nach Osten auf dem Buchelsdorfer Bahnhof bewachen. In seiner freien Zeit half er uns Getreide abladen, damit sein langweiliger Dienst doch auch einen Sinn habe, meinte er.       
Er war ein aufrichtiger Christ und war nur ungern Soldat.        
So hatten die Kinder doch eine Freude und waren ja auch unbekümmert.

Zwischen Weihnachten und Neujahr kamen Flüchtlinge aus Ungarn.           
Ein Zeltwagen kam in unsern Hof gefahren. Eine behäbige Frau und zwei Kinder stiegen ab und erklärten, dass sie Stiefels zugewiesen wurden.    
Doch fing die Frau sogleich an zu schimpfen als die 4 Buben dastanden, neugierig was da vor sich ging.  
„Wo haben Sie denn Platz für uns? Mir ist eine Wohnung versprochen.“    
Es ging dann gut.

Eines Abends kam der Vater der Familie, ein SS-Mann, groß gewachsen und sehr angenehm.
Er hatte erfahren, dass sein Bruder in Bayern auf einem Hof untergekommen war und so wollte er in seinem Urlaub seine Familie auch dorthin bringen.     
So wurden all die vielen Dinge wieder aufgeladen.          
Die Bäurin, die eine zierliche Frau war und ihren Umfang nur durch die vielen gefassten Röcke hatte, meinte beim Abschied, „Wenn wir wieder so ein Quartier bekommen wie bei Euch, seints wir zufrieden“.

Am Sonntagabend den 14. Januar 1945 kam der Ortsgruppenleiter und sagte: „Stiefel, nun hat Deine Stunde auch geschlagen.“         
„Ich bin bereit!“    
So hatte er sich Montag früh um 8 Uhr auf dem Wehrbezirkskommando in Namslau zu melden.            
Wir hatten die Aufforderung erhalten übrige Bettstücke und Federn abzugeben.
Ich brachte meine Federsäcke zur Nachbarin Seitz, die Ortsbäurin war.      
Als ich zurückkam stand mein Christi in der Wohnküche. „Ja Vater wo kommst denn Du her“ fragte ich.       „Mich wollen sie nicht.“ „Auch recht“, meinte ich.          
Er sagte dann, dass er vorläufig daheim sein könne und an der Grenze Beobachtungen machen müsse und zwei Mal täglich, früh und abends, auf dem Befehlsstand Meldung machen müsse.

Da der Russe am 13.1.45 mit 90 Divisionen aufgebrochen war, war mit allem zu rechnen.
So tat er bis Donnerstag wie ihm befohlen wurde. Ich hatte große Wäsche.          
Vater (Christian) sagte, ich müsse packen, denn wir müssten das Gebiet räumen.         
Er wurde aber vereidigt, dass er keinem Menschen davon sagte.       
„Dann packe ich auch nicht, stell Dir vor, wenn alle andern unvorbereitet gehen müssten.“
Darauf ging er in alle Häuser und sagte ihnen was er wusste.
Ich hing die Wäsche draußen auf, in der Hoffnung, dass sie trocknete.        
Es ging ein arger Wind, dann kam nachts ein Schneesturm wie wir nie zuvor einen erlebt hatten. Ein großer Teil der Bettwäsche war zerrissen, am Kachelofen wurde vollends getrocknet.
Ich hatte die halbe Nacht gepackt. Unser Vater und Stanislaus machten Obstkisten dicht. So konnten wir Wäsche und Lebensmittel verpacken.          
Über den Kastenwagen machten sie eine Stange und hängten die Rapsplane darüber, auch verlängerten sie das Wagenbrett. Von 4 Familien sollten Menschen und Habe auf dem Wagen Platz nehmen.       
Seitz‘ ihr Fuhrwerk sollte samt den Fohlen nach Namslau und Städter wegbringen.
Die Bahn war nur für die Wehrmacht reserviert.

Um ½ 5 Uhr abends holten wir die Pferde aus dem Stall. Das Vieh fing an zu schreien, denn es war ja Futterzeit. Unsere Muttersau machte das Nest zum Ferkeln.
Vater (Christian) musste bleiben, er hatte den Befehl die Brücke zwischen Haugendorf und Reichtal zu sprengen – er war ja nun Volkssturmmann.
Unter der Türe nahmen wir Abschied. Ich hörte mich sagen, Vater, wir sehen uns nie mehr. Ich hoffte auf eine beruhigende Antwort, denn mein Mann war immer der Optimist, doch schwieg er.

Im Osten brannten die Nachbarsdörfer und war der Himmel rot.      
An unserem schönen Kreuzkirchle an der Kreuzstraße nach Haugendorf, Buchelsdorf, Belmsdorf und Lorzendorf sah ich noch einmal zurück, aber mir fiel sofort Lots Weib ein.
Von allen Seiten kamen nun die Wagen gefahren. Pferde- und Ochsengespanne, Schlitten und Handwagen.
Ich lief hinter unserem Wagen her, denn ich hatte keinen Platz mehr.         
Da kam ein Radfahrer und ließ anhalten. Es war mein Mann der für mich Platz machte. Er selbst fuhr nach Namslau um Ausrüstung zu holen.         
Eine große Erleichterung war es für mich, dass unser Stanislaus ganz selbstverständlich mitging. Die Straßen waren voll Schnee.

Bilder zur Veranschaulichung (aus dem Internet)

In Giesdorf verließen wir die Straße und fuhren querfeldein in Richtung Langkau,
denn in Namslau waren schon die russischen Panzerspitzen.
Es war eine ganz klare Nacht und klirrende Kalte, -21 Grad.
So fuhren wir bis zum Abend und kamen dann in Oblau an.    
Wir fanden Quartier bei zwei ledigen Schwestern, bekamen Abendbrot und die Buben durften in die Betten der Beiden.    
Nach kurzer Zeit ging ein Geschrei los, „unsere Füße“, sie waren schwarzblau geschwollen, was sie aber erst in der Wärme spürten.        
Unser Brot war steinhart gefroren und konnten wir`s über Nacht auftauen.         
Ich durfte in der Stube auf einer Bank mich hinlegen.     
Schlafen konnte ich nicht, denn es waren einige junge Männer anwesend und es war so eine leichtfertige Unterhaltung und mein Herz war so krank in der Sorge um unseren Vater.
Am Sonntagfrüh kamen Mädchen und Frauen an unseren Wagen und brachten uns Kaffee und Kuchen. Hier trafen wir auch Tante Trudl Heck, ihre Mutter, Ulli und Hartmut.
Ich war so froh, nun waren wir 8 Haugendorfer Wagen und gemeinsam fuhren wir weiter.
Auf den Straßen war nun ein kilometerlanger Treck.      
Schlimm war es, wenn eine Kreuzstraße kam, da dauerte es stundenlang weil jedes Dorf genaue Anweisung einzuhalten hatte.
Überhaupt ging es ordentlich zu und war gut organisiert.
Trotzdem sah man viel Elend – wie sich Fußgänger, die kein Gespann hatten, mit ihrer Habe abplagen mussten.          
Am schlimmsten war es für Säuglinge und alte, gebrechliche Menschen.

Am Sonntagabend hielten wir an einen Schloss in Sybillental.  
Es hatte einen Raureif und der Park war schön wie im Märchen.        
Wir wurden mit heißer Kartoffelsuppe gespeist. Die Besitzer hatten noch geschlachtet und die Suppe war so fett, dass sich Ernst gleich erbrechen musste.     
Wir hatten auch ein 4 Monate altes Kind auf unseren Wagen, so durften die Mütter die Windeln am Ofen trocknen.          
Ein Zimmer war mit Matratzen ausgelegt, worauf wir übernachten konnten.       
Die Schlossbewohner waren auch aufbruchbereit.

Von da ab waren wir meist in leeren Ställen, denn das Vieh war schon überall abtransportiert und meist auch schon die Bewohner auf der Flucht.    
Wir kamen nun in die Berge, die Straßen waren überall vereist und wir hatten keine Bremse am Wagen. So musste ich bergab immer eine Stange in das linke Rad stecken und aus Leibeskräften anhalten.
Wer in den Graben kam blieb liegen, denn für jeden gab es nur Vorwärts. 
Es kam vor, dass das Rad bis man unten war rauchte und die Buben mussten ihr Wässerle drüber machen. Nach 8 Tagen kamen wir in Wittgendorf/Kreis Landeshut an, im Schlesischen Gebirge.
Wir wurden einem Bauern Namens Englert zugeteilt, zusammen mit Frau Seitz, ihren beiden Buben, ihrem Polen und Kascha der Polin.  
Nach einigen Tagen kamen noch 10 Verwandte aus Breslau.   
So war es für die Leute einfach zu viel und wir kamen ins Nachbar-Bauernhaus.  
Der Mann war bei der Wehrmacht und die Frau nicht begeistert von uns.

Nach 8 Tagen kam der Donner des Krieges so in die Nähe, dass wir wieder anspannen mussten.            
Von unserer Stube aus konnten wir unendlich lange Sanitätszüge vorbeifahren sehen, von der Front mit Verwundeten.
Nun fuhren wir viele Tage durch die Tschechei in den Sudetengau.   
Der Hunger und das Heimweh tat arg weh und das Geheule der Kinder, die das einfach nicht verstehen konnten.

In Saaz gab es Massenquartier in der Schule – das war ein Elend.      
Die Leute lagen im einstmaligen Stroh wie die Heringe, konnten einander nicht mehr leiden, lausten sich und es gab nur eine dünne Wassersuppe.    
Die Klosetts waren verstopft und überall ein wüster Dreck und Geschimpfe.

In Brüx mussten wir Frau Albert zurücklassen, denn ihre Stunde war gekommen.
In den Dörfern stießen wir mit Kosaken zusammen, die auf kleinen Pferdchen umhergaloppierten. Man erzählte sich, dass sie einmal auf russischer und dann wieder auf deutscher Seite wären und die Frauen sehr belästigten.

In Leitmaritz bekamen wir nach langer Zeit ein Bett und von einer Metzgersfrau Brot und 1 Rote Wurst – das war ein Festtag. Das Enkelkind hatte uns vom Marktplatz mitgenommen.

An einem kalten Wintertag machten wir in Passnau/Kreis Ludnitz bei Karlsbad halt. Hier sollten wir für ungewisse Zeit bleiben.       
Auf dem Dorfplatz wurden die Leute ihren Quartiergebern zugewiesen.
Der Bürgermeister sagte: „Anton Wagner, Du nimmst die Frau mit den 4 Buben.“ Er weigerte sich und wurde dann dazu gezwungen.   
Bald wurde ich inne, dass er ein Gegner des Hitlerregimes war und nun seinen Trotz ausübte.
Er war einer der größten Bauern im Dorf, lebte mit seiner 62 jährigen Mutter, noch ledig, zusammen.
Wir bekamen eine Küche und Kammer zugewiesen.       
Ich bat ihn ob er mir Holz zum Feuern verkaufen wolle. „Im Wald hat es genug Leseholz.“ Dabei blieb er.       
Nun musste ich mich an den Bürgermeister wenden, der seine Haltung voraussah und mir Kohlen zukommen ließ.    
Für den Anfang bekam ich Anzündholz, als der Schnee weg war holten wir Leseholz auf dem Rücken im Wald.  
Milch und Eier kaufte Trudls Mutter bei Frau Wagner und händigte es mir unbemerkt aus.     
Die Polen schliefen im Stall bei den Pferden auf einem Maierhof.       
Zum Essen kam Stanilslaus zu uns.     
Kartoffeln bekamen wir beim Ortsbauernführer zugeteilt, auch erhielten wir Lebensmittelmarken. So konnten wir uns über Wasser halten, wenn auch nie satt essen.
Die Russen nahmen das Dorf ein, zuvor wurde die tschechische Fahne gehisst. Es geschah nichts Schlimmes. 
Mit den Russen hielten sich Wagners gut und so kam es, dass ich für die Russen waschen musste. Als Belohnung bekam ich eine Fleischdose. So tat ich es gern.
Stanislaus musste einmal aus einer Gärtnerei Gelberüben in ein Krankenhaus fahren, er bat mich um einen Sack und brachte ihn gefüllt mit solchen.         
Da wir nie gestohlen hatten, nahm ich es als ein Geschenk vom Himmel, denn Gemüse gab es überhaupt keines zu kaufen. Wir teilten sie dann mit den anderen.
Auch Fleisch u Brot mussten in Luditz geholt werden.     
Es waren nur ganz spärliche Zuteilungen und die Frauen wollten den Weg, etwa eine Stunde, nicht mehr machen wegen der Angst vor den Russen.  
So übernahm ich die Besorgung.

Der Frühling war schon bald gekommen, die Sonne schien warm. Überall wurde es grün und die zahlreichen Kirschbäume standen in prächtiger Blüte.    
Die Gegend war überhaupt dem Schwabenland und meiner Heimat, im Heckengäu, eng verwandt.
So holten wir wilde Kirschblüte und sangen Oma Roth (Trudls Mutter) am 20. April zu ihren Geburtstag „ALLE VÖGEL SIND SCHON DA”.          
Sie hat sich so sehr über dieses Ständchen der Buben und mir gefreut, dass sie Jahre danach immer noch davon sprach.

Sehr hatte man bis zum Kriegs-Schluss unter den amerikanischen Tieffliegern zu leiden. So lagen in der Kapelle 9 verstümmelte Tote die in dem, aus Lock und zwei Wagen bestehenden Zügle das von Luditz bis Buchau fuhr, beschossen wurden.
Die Einwohner hatten große Angst und wollten nur ungern die Felder bestellen. Deshalb half ich gern beim Kartoffelstecken und bekam dann einen Laib Brot dafür.
Anton Wagner hatte einen Bienenstand und einige qm großes Gärtle drum herum.
Ich bat, ob ich nicht etwas einsäen dürfte und bekam die Erlaubnis. 
Wie freute ich mich, als Salat und Rettiche, Kohl und Gelberüben keimten und aufgingen.
Allerdings kam Haufenweise auch Unkraut, denn Wagner hatte beim Dreschen den ganzen Unkrautsamen dort hingeleert und war darüber schadenfroh. Meine Freude am Bestellen konnte er damit nicht verderben.

Eines Tages kamen wieder Flüchtlinge und wollten nach Buchau.      
Eine hochschwangere Frau brach zusammen. Niemand wollte ihr helfen. So bat ich Stanislaus die Leute mit unseren Wagen dorthin zu fahren, er willigte ungern ein, „fahre aber nur bei Nacht!“           
In der Frühe zeitig kam er zurück und hatte ein fremdes Pferd neben unserem Hans am Wagen. Den 3 ½ jährigen Max, einen wertvollen Belgier, hatten ihm die Russen abgespannt.

Am 8. Mai war der Krieg zu Ende.
Kurz darauf durften die Polen heimfahren. Beim Abschied sagte ich: „Stanislaus, wer hätte das gedacht, dass es so käme“, er weinte, „warum ihr Krieg anfangen?“
Ich musste mich aufrichtig für sein Verhalten und zu uns stehen bis zuletzt bedanken und konnte ihm nur alles Gute wünschen.  
Hoffentlich durfte er auch in seine Heimat zurück.
Auch Wagners hatten ein polnisches Mädchen, die ebenfalls heim durfte. So war auf einem Mal meine Hilfe im Stall angebracht.

Die Tschechen wurden sich nun Ihres Sieges bewusst und verwiesen mancherorts die deutschen Flüchtlinge.
So kamen zwei Haugendorfer Familien, Frau Falke kinderlos und Frau Beine mit 5 Kindern bei mir an.     
Wagner erlaubte, dass ich sie aufnehmen durfte. So brachten wir Stroh in die Küche und alle kamen unter. In der Kammer war ja sowieso nur eine eiserne Bettstelle an der der Rost durchgerostet war. Ein Soldat, die öfters auch bei uns übernachteten, hatte mir 3 Bretter als Ersatz hineingemacht.
Etwa 14 Tage hausten wir nun, drei Frauen und 9 Kinder, so.
Ordnung zu halten war fast nicht möglich, denn Frau Beine war nervlich so fertig, dass sie ihren Mutterpflichten nicht mehr nachkam. So kochte ich für alle, schlecht und recht, von dem was mir zustand.      
Frau Falke aß nie mit, sondern kaufte sich 1 Liter Milch und aß ihr Brot dazu und so kam es, dass ich, als wir am 31. Mai nach Schlesien aufbrachen, keine Lebensmittel mehr hatte.

Nun waren wir Vogelfrei.
Der russische Kommandant hatte uns zwar Papiere gegeben, mit der Erlaubnis nach Schlesien zurückzudürfen; aber wir lernten nun die Tschechen kennen.
In manchen Dörfern mussten wir Spießruten laufen und wurden von den Einwohnern angespuckt.           
Niemand hatte den Mut um Essen zu fragen.         
Nur misstrauisch konnte man eine Scheune als Nachtquartier benutzen.
Aus den Roggenfeldern oder Wäldern kamen uniformierte Tschechen mit gezogenem Revolver und verlangten, dass wir unsere ganze Habe abluden und sie nahmen sich was sie brauchen konnten.     
Frau Seitz wurden beide Pferde abgespannt und ihr Wagen blieb stehen. Frau Falke hat sie auf ihren Wagen genommen.

Später nahmen mir die Russen das neue Pferd weg, also musste Hans den schweren Wagen allein ziehen.         
Er tat sich sehr weh, weil die Deichsel ihn an den Hüften aufscheuerte.       
Ein 15 jähriger Junge aus Haugendorf übernahm nun die Zügel und ich hielt die Deichsel von Hans weg.
Wir hatten große Not über die Sudeten zu kommen.      
Einmal hingen die Russen den Wagen an ihren Lastwagen und ich führte Hans hintennach. Auch Brot und Speck gaben sie 2x an die weinenden Kinder ab.        
Nun waren auch die deutsch-stämmigen Familien vom Sudetenland ausgewiesen und auf den Straßen.

Wir erreichten nun Kamenz und die tschechisch-deutsche Grenze.   
Dort mussten wir wieder alles Abladen.
Tante Luis hatte viel Geld dabei, dass sie alles wegnahmen.      
Als sie fragte wie sie weiterkommen soll, schlugen sie ihr so ins Gesicht, dass es ganz anschwoll.
Einen Jungen misshandelten sie so, dass er blutüberströmt war, weil sie im Heu auf dem Wagen noch ein kleines leeres Kofferle fanden, das ins Heu gerutscht war.

Endlich waren wir zwischen Chemnitz und Dresden ins Altreich gekommen.         
An einem herrlichen Morgen machten wir im westlichen Vorort von Dresden eine Ruhepause.
Hier gab es noch heile Häuser, Kinder kamen und besahen unsere Wagen, verschwanden und brachten dann den Buben eine Mundharmonika.
So erlebten sie nach langer Zeit eine erste Freude.           
Auch ich war ermutigt durch diese Teilnahme.
Es ging weiter und wir fuhren durch die zerstörte Stadt. Die Straßen waren durchlöchert, überall Schutt und Trümmer.     

Wir kamen durch den Kreis Bautzen. Die Stadt hatte sich sehr verteidigt gegen die Russen und bekamen daher, der ganze Kreis, keine Lebensmittelkarten.

Wieder verlor ein Siedler seine Pferde durch die Russen. Sein Wagen blieb stehen und ich wurde aufgefordert meinen schweren Wagen mit dem leichteren einzutauschen, ich gehorchte nicht.           
So ließen sie mich an einem Berg zurück aus Trotz für meinen Eigensinn.    
Russen waren mir behilflich den Berg hinaufzukommen.
Es wurde Abend und unser Treck war nicht mehr in Sicht.        
Als wir in ein Dorf kamen war am Eingang eine Tafel angebracht, dass das Übernachten von Flüchtlingen streng verboten sei, wegen heimkehrenden russischen Truppen.
Wir kamen an ein Arbeitsdienstlager außer Orts. Die Gebäude waren im Versatz gebaut.
Wir stellten unsern Wagen so auf, dass er von der Straße aus nicht zu sehen war, spannten Hans aus und ließen ihn auf dem Rasen weiden.
Tante Paula Prizibyla mit zwei Kindern und wir schliefen auf dem Wagen.  
Betrunkene Russen jodelten auf ihren Panjewagen vorbei.      
Wir baten den Vater in Himmel um Seinen Schutz und konnten ruhig schlafen.    
Auch unser Hans, dem wir am Wagen festbanden, ruhte aus. 

Am nächsten Morgen fanden wir bei unserer Weiterfahrt unsere Haugendorfer auf dem Schäferhof bei Mangelsdorf an der Landeskrone. Allesamt froh, dass wir sie fanden. In der Scheune hatten sie Quartier gemacht.
Zum Hof gehörte ein Kindergarten mit einer Tagesküche für Gutsarbeiterkinder.
20 Breslauer Frauen waren hier untergebracht.
Wir hatten unterwegs 3 Kopf Kohlrabi und ein paar Gelberüben erstehen können. Da wir schon lange an einem schrecklichen Durchfall litten, konnten wir diese roh nicht essen.
In der Küche war reger Betrieb, alle wollten eine Mehlsuppe oder Kartoffeln kochen, bei dieser erstmaligen Gelegenheit.           
So musste ich warten, weil mein in Passnau erstandener Topf arg groß war.
Die anderen waren schon in die Scheune gegangen, als ich daran war das Gemüse in die Teller zu leeren.         
In der Türe erschien ein junger Russe und bat mich um etwas, ich verneinte sein Begehren. Er war anständig und ging.         
Wieder ging die Tür auf und wieder stand ein Russe vor mir, die gleichen Worte sprechend, aber mit bösem Blick und einer Forderung.          
Ich nahm den Kleinsten auf den Arm, sagte „kommt schnell“ und rannte über den Hof zur Scheune. Die Buben hinter mir her.
Mit einer Kette hatten die Haugendorfer das Tor versperrt. Auf mein Schreien wurde geöffnet und dann ging ein schreckliches Geschimpfe los, über meinen Leichtsinn.
Die Buben weinten über ihr stehengebliebenes Essen und sagten „was bist Du für eine Mutter“.
Mitten im Hof stand ein Brunnen, aber die Breslauer Frauen wuschen und kämmten sich nicht, vor lauter Angst vor den Russen.
Der Herd rauchte und qualmte und es wollte die Platte nicht heiß werden, denn unter dem Rohr war im Kamin ein riesiges Loch.          
Ich suchte ein paar Backsteine und holte im Feld Lehm und machte das Loch zu. Dann war es ganz anders mit dem Kochen. Nur die Mittel fehlten fast gänzlich.   
Als es länger nicht regnete, versiegte der Brummen und ich holte das Wasser im Dorf.
Hier lagen wir 14 Tage und ernährten uns von Leinsamen, denn in der Scheune lagerte unausgedroschener Flachs.      
Unsere alten Männer baten wir täglich, nach Görlitz zu gehen mit unseren Papieren. Denn dort war die Grenze zwischen dem russisch und polnisch besetzten Gebiet.        
Aber diese meinten, sie wollten lieber in der Scheune verhungern als in Sibirien landen.
So entschlossen Frau Prisibilla und ich uns dorthin zu gehen.   
Vor der Kommandantur stand ein deutscher Soldat Posten.    
Als wir um Einlass baten sagte er gar nichts, auf weiteres Drängen meinte er: „Hier kommt nicht einmal eine deutsche Maus hinein, viel weniger zwei Frauen“.
Dann gingen wir zur Neißebrücke.     
Dort standen hunderte von Menschen und wollten hinüber.
Eine weinende Frau fragten wir, was ihr fehle. Sie erzählte dann‚ dass die Stadt geteilt sei, ihre Tochter wohne im polnisch besetzten Teil und habe einen Schrebergarten, diese gab ihr einen Kopfsalat und einige Stängel Rhabarber, als sie diese herüberbringen wollte, wurde es ihr abgenommen und sie wurde noch geschlagen.
Müde kamen wir am Abend zurück und bekamen ein Riebel schimmeliges Brot.

Wir Südwestdeutschen entschlossen uns an jenem Abend, unsere Richtung nach Westen einzuschlagen.
So nahmen wir von den übrigen Haugendorfern Abschied, allerdings hofften wir immer noch auf ein Wiedersehen in Schlesien.  
Familie Heck und Seitz verstauten ihre Habe bei Frau Falke und Frau Beine, die von Westfalen waren.
In Dresden mussten sie in Richtung Meißen fahren und glaubten, dass auch ich mitkäme; aber ich fuhr in Richtung Stuttgart – konnte auch ihr Fahrttempo nicht mehr mithalten.
So verabschiedeten wir uns schweren Herzens.

Es war ein Samstagabend, schon fing es zu dämmern an, als wir in den Dresdener Vorort Tharant fuhren.        
An einem Fabrikgebäude, in Felsengärten gelegen, stand ein Mann unter dem Eingangstor und fragte, wo wir hinwollten. „Nach Stuttgart“. „Aber heute nicht mehr“. „Nein, heute brauchen wir ein Nachtquartier“. „Fahren Sie herein“.     
So durften wir in der Waschanlage duschen und bekamen Brot und Tee und unser Hans konnte weiden und wir durften in einem Fabrikraum schlafen. 
Meterhoch waren Aluminiumgegenstände aufgestapelt.          
Ich fragte den freundlichen Mann, was das für komische Dinge seien? Er sagte: „Vor einem halben Jahr wäre ich um den Kopf gekommen, wenn ich`s Ihnen gesagt hätte, das ist die „V 2“, nur der Sprit hat gefehlt, deshalb kam sie nicht in den Einsatz“.
Dankbar für die Menschlichkeit die wir erleben durften, spannten wir in der Sonntagsfrühe an.           
Sogar ein halbes Brot bekamen wir mit und alle guten Wünsche auf unseren weiten Weg.

Nun war ich auf der Suche nach einem leichten Wagen, denn Haugendorf war ja nun nicht mehr der Grund, weshalb ich den Wagen nicht umtauschte.   
Ich hatte aber kein Glück und so fuhren wir unsere Straße weiter.
Abends kamen wir nach Naindorf.     
Ich fragte um eine Bleibe für die Nacht, da hieß es „Höchstens bei Familie Bernhard“. Dort wurden wir freundlich aufgenommen und durften am Abendbrot mithalten.
Der Bauer wollte wissen woher und wohin und sagte mir dann, dass er Heu machen wolle und kein Gespann habe, die Russen hätten seine Pferde mitgenommen, ob ich nicht bei ihm bleiben wolle. Ich sagte zu, bis das Heu drinnen sei.
Wir bekamen eine saubere Stube zugewiesen und durften am Tisch mitessen.     
Ich half beim Melken und Heumachen, dann wollte ich weiter.          
Die Leute wollten unbedingt, dass ich bleiben soll.           
Doch ich sagte, ich wüsste seit dem 19. Januar weder von meinem Mann noch von der Mutter und Geschwistern etwas und wolle unbedingt weiter.

Wir kamen in den Kreis Freiberg und in ein so starkes Gewitter – ein Kugelblitz rollte vor dem Wagen über die Straße. 
Dann kamen wir an einen steilen Berg und Hans kam nur stückchenweise vorwärts, dann mussten wir einen Stein unter das Wagenrad legen bis es wieder weiterging.
Ein Mann war mit einem Ochsengespann auf dem Feld und beobachtete uns. Er kam zur Straße und fragte wohin des Weges. Darauf meinte er „Das ist unmöglich, sie kommen doch nicht über die Grenze, kommen sie mit aufs Gut Oberschöna, ich bin dort Verwalter“.          
Er war auch Flüchtling aus Grünberg in Schlesien. So wollte auch er uns halten wegen dem Pferd. Das Gut sei 1000 Morgen groß und auch er hatte nur 2 Ochsengespanne. Das starke Gewitter hatte Regenwetter zur Folge.           
So blieben wir einige Tage und er überredete mich, den Hans ihm zu überlassen bis die Grenzen geregelt und geöffnet seien – daran glaubte er fest.        
So besorgte er mir einen Handwagen und ich zog dann mit dem Allernotwendigsten weiter.

Bilder zur Veranschaulichung (aus dem Internet)

Der Abschied von Hans fiel uns allen schwer; aber ich war auch erleichtert, weil er nun bessere Tage bekam, denn er tat mir oft so leid.
Wir erreichten Chemnitz. Die Straße war wieder durchlöchert.          
Vor uns fuhr ein Mann mit einen Pritschenwagen, er gab uns einen Strick und wir durften unser Wägele anhängen.           
Da kam ein Bombentrichter, das Wägele fiel um und die Bettstücke und alle Habe wurden mitgeschleift und ganz dreckig.

Bei einem alten Ehepaar in einer Ruine, denn auch Chemnitz war arg zerstört, durften wir übernachten und konnten unsere Sachen trocknen.
Wir hatten noch ein wenig Malzkaffee, den uns jemand schenkte.    
Als ich ihn kochen wollte mit zwei Backsteinen und Reisig, hatte ihn das Ehepaar weggenommen.

Nun kam eine unbeschädigte Bahnstrecke und wir durften, samt dem Wägele, auf einen Güterwagen 27 km fahren.

An einen Samstagabend kamen wir in Glauchau an.       
Auf dem Bahnhof erkundigte ich mich nach einem Flüchtlingslager. 
„In Rötenbach, 2 Stunden von hier, gibt es eines“.           
So fragten wir nach der Richtung und wanderten die Bahnhofstraße entlang.
Auf der andern Gehwegseite ging eine ältere Frau mit einem Kinderwägele spazieren. Auffällig musterte sie uns und ich ärgerte mich.
Mit einem Mal kam sie über die Straße und sprach mich an, woher und wohin ich wolle.
Sie meinte dann, „aber nach Rötenbach kommen Sie heute nicht mehr, bei dem Tempo mit den Jungs“. „Ich muss aber, schließlich kann ich nicht auf der Straße bleiben bei Nacht“.      
Dann meinte sie, „wir wohnen zwar auch nur in Miete, aber ich will den Hausherrn fragen, ob Sie nicht bei uns bleiben könnten“.          
Nun betete ich innbrünstig, dass der Mann doch ja sagen möge. Und er sagte ja.Dann nahm uns die Frau in ihre Wohnung, ich durfte die Buben waschen doch der Gatte war noch unterwegs. So fürchtete ich, es könnte ihm nicht recht sein.
Als er dann kam erklärte ihm seine Frau wie sie mich am Bahnhof getroffen habe und es doch ein Unding wäre, mich laufen zu lassen.
Wir begrüßten uns und Herr Martin meinte, was hör ich da für vertraute Laute, Sie sind doch Schwäbin?
„Meine Eltern kamen in ihren jungen Jahren von Stuttgart nach Glauchau und mein Vater war Weber und Glauchau ist eine Weberstadt“.
So waren wir freundlich aufgenommen.     
Mir wurde gesagt, dass der Russe die Grenze Sonntags nicht öffne und wir erst Montags welterziehen sollten.       
Im Nebenbau war eine Dachkammer mit zwei Betten, dort durften wir schlafen. Sonntags hat uns Frau Martin, die die Liebe selber war, mitversorgt.

Am Montagfrüh um ½ 6 Uhr standen wir mit unzähligen Menschen an der Muldebrücke, der russisch-amerikanischen Grenze.
Abends um 7 Uhr kam Frau Martin mit den Rad angefahren und meinte, „so hob i mir`s docht, hat der Russe nicht aufgemacht?“ 
Wir zogen mit ihr zurück in die Marienstraße. Dienstag und Mittwoch standen wir wieder von früh bis spät draußen.

Am Donnerstag wollte ich aufstehen und uns fertig machen, aber meine Füße trugen mich nicht mehr.           
Ich wollte dass Ernst, der Älteste, Frau Martin Bescheid sage, aber er sagte „Mutter, mit mir fährt es Karussell“.         
So blieben wir im Bett.
Über Mittag erschien Frau Martin, die berufstätig war und unser Wägele noch stehen sah und fragte, warum wir nicht zur Grenze seien.  
Ich erklärte meinen Zustand – „dann muss der Arzt her“ – und sie holte ihn.
Er sagte, „da besteht Typhus-Gefahr“.         
So wurden Ernst und ich auf ein Wägele gelegt und Herr Martin brachte uns ins Krankenhaus.
Wir wurden in den Baracken untergebracht und dann lag ich fast 3 Wochen in hohem Fieber und brachte nichts mehr zusammen im Kopf.    
Ernst hatte einen Wasserbauch und bemühten sich die Ärzte am meisten um ihn im ganzen Saal.           
Um die 3 Brüder machte ich mir keine Sorge, denn die Wirklichkeit existierte für mich nicht mehr. Aber böse Fieberträume plagten mich und ich wollte immer heim.

Nach 3 Wochen brachte die Schwester die 3 Kleinen herein und meinte, „ihr habt ja alle Typhus“.
Nun ging der Kampf um Eckhard, denn er war todkrank und alle hatten das Büble, das eigentlich nur noch aus dunklen Augen in seinem blassen Gesichtle bestand, so arg lieb.
Frau Martin und Frau Haller hatten die Drei die ganze Zeit versorgt. 
Sonntag kamen Herr und Frau Martin an unser Fenster und fragten nach unserem Ergehen. Sie scheuten nicht den weiten Weg durch die Stadt.

Nach 7 Wochen wurden Fritz und ich entlassen. Fritz war am wenigsten krank.  
Wir durften wieder in unserem alten Quartier wohnen.
Einen Monat später wurden die Drei entlassen.
Es war Anfang Oktober, Eckhard war noch so schwach auf den Füßen, dass vorläufig an kein Weiterreisen gedacht werden konnte.         
So machte ich mich in Haus und Garten und Altwarengeschäft von Herrn Gehrt, dem Hausbesitzer, nützlich.   
Wir erhielten zum Glück Lebensmittelkarten und Frau Martin kochte für uns mit.

Inzwischen war es Mitte Oktober geworden.        
Manchmal war ich recht mutlos und so fand mich Frl. Martin, die ledige Schwester von Herrn Martin, bei einem Besüchle an.           
Sie ließ mich ein Los ziehen und ich zog den Spruch: Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.

In der Zeitung suchte eine Frau, deren Schwiegereltern in Stuttgart wohnten, Anschluss für einen Grenzübergang.   
Wir besprachen uns und wollten am 17.10. reisen.Vorher holte ich per Bahn meine zurückgelassenen Sachen von Freiberg nach Glauchau. Hans hatte sich prächtig erholt, ihn musste ich dort lassen.
Vorsichtshalber nähte ich an einen langen Sack Träger für den Fall, dass ich nicht mit dem Wägele über die Grenze käme. Sie war inzwischen in Thürigen bei Meiningen.
Herr Martin begleitete uns früh um ½ 6 Uhr auf die Bahn.
Schon an der Sperre wurde das Wägele zurückgewiesen. Wie gut, dass Herr Martin mitkam und es wieder nach Haus nahm.
Wir trafen dann die Grenzgängerin.  
Als wir da in Mellrichstadt auf dem Bahnhof ankamen, verschwand mit einem Mal die Frau, kam dann nach einer Weile zurück und erklärte mir: „ich habe mich mit Lanzern unterhalten – die meinen es sei ganz unmöglich, dass Sie mit 4 Kindern durchkämen, fahren Sie am besten zurück nach Glauchau, ich schließ mich den Landsern an“.

Da stand ich nun. 
So übernachteten wir im Bahnhofswartesaal und unternahmen dann den Weg im Niemandsland bis zur Grenze.      
Dort angekommen rief uns ein pflügender Bauer an, wo wir hinwollten?   
Ich stellte mich taub, doch er wusste ja selbst was wir vorhatten.      
„Denken Sie nur nicht, dass Sie hinüberkommen – aber hier bleiben Sie auch nicht, ich bin der Bürgermeister vom Ort und habe Pack genug.“
Wir versuchten dann allerlei Hilfe – und erlangten nichts.
So nahm uns ein russischer Lastwagen wieder zurück zum Bahnhof, wo wir die Nacht verbrachten.

In der Früh ging ich ins Flüchtlingslager und bekam dort eine Nummer.      
Die Buben waren schon im Hof und spielten mit Kindern.         
Ich war so unglücklich und wusste nicht was werden sollte.     
Dann gab ich die Nummer zurück und holte die Buben, die gar nicht mitkommen wollten.
So machten wir den weiten Weg nochmals.

Abends hockten wir uns an die Friedhofsmauer. Das Nachbargebäude war die Schule in der das benannte Pack untergebracht war.   
Zwei Frauen verließen das Haus. Eine bemerkte uns und sagte, „dort ist doch etwas“.
Sie kamen näher und fragten, was ich hier mache.          
„Warten.“
„Auf was?“ 
„Bis es vollends ganz dunkel ist.“        
„So, so. Sie wollen über die Grenze, kommen Sie nur mit, das ist unmöglich, die Russen schließen. Wir möchten ja alle hinüber.“
So nahmen sie die Kinder bei der Hand und ich musste mit Rucksack und Koffer folgen. Oben angekommen lagen die Menschen wie die Heringe.        
Kein Platz mehr. Ja, unter dem Tisch, auf dem eine Kerze brannte, war es noch leer. So verkrochen wir uns dort.          
Die Buben legten ihren Kopf auf unser Gepäck und ich hatte einen Tischfuß als Stütze im Rücken.            
Müde von dem weiten Weg und dem Schleppen schliefen wir bald ein.
Gegen Morgen, es mochte etwa 4 Uhr sein, erwachte ich.        
Ich bekam den Befehl, jetzt zu gehen. Es war mir, wie In der Geschichte von Maria und Josef.           
Ich weckte die Kinder, eine Frau neben mir wurde auch munter und erkannte meine Absicht, zündete die Kerze an und begleitete uns zur Haustür.    
Sie wünschte mir Glück und meinte, wenn Sie nicht zurückkommen, dann haben auch wir wieder Mut. In 3 Wochen hat es keiner mehr gewagt.

So zogen wir auf der Straße entlang Richtung Westen.
Ich war so gelassen und den Buben sagte ich: „nun komme was will, dass mir keiner schreit, dort drüben wohnt die Ahne, dort geht es uns gut.“     
Von Martins bekamen wir eine Tüte Bonbons beim Abschied. Jeder bekam eines und sie versprachen mir zu folgen.

Wir waren ein Stück Wegs gegangen als wir mit Halt angerufen wurden und zwei Gestalten erhoben sich aus dem Straßengraben.         
Die Buben standen still wie die Soldaten.
Dann fragten die Russen, „Was wollen?“    
„Zur Mutter, nix zurück. Kommen von Schlesien, kein Zuhause mehr, Vater Krieg. Nix, zurück. Wir krank, verstehen Thyphus?“    
 „Ja, verstehen.“  
 „Mutter wohnen drüben, wir viel Hunger, kein Zuhause.“       
 „Zurück!“
„Ich nix zurück.“   
„Wir schneiden Hals ab“ – Zeichensprache.          
„Winter kommen. Nix Zuhause.“        
Die beiden unterhielten sich und sagten: „Frau Du versprechen, Kinder ganz still, nix flennen.“           
„Ja, ich verspreche ganz still.“  
So ging einer voraus, wir hinterher und der zweite hinter uns.           
Dann sahen wir ein Licht, „dort schlafen russischer Kommandant. Er hören Dich, dann wir Hals ab“.   
Wir kamen unbemerkt vorbei. Nach einer Weile war wieder ein Licht, ein zweiter Bunker.
„Frau kommen herein“, ich zauderte. „Nix Angst, durchsuchen Dokumente.“
Sie leerten meinen Sack und Koffer auf den Boden, nahmen mir den Geldbeutel ab, forderten mich auf, die Sachen wieder einzupacken, „schnell, schnell, jetzt kommen Ablösung“.
Als der Deckel des Koffers nicht mehr zuging weil die Sachen unordentlich drin waren, setzte sich der Dicke mit seinem Hinterteil drauf und das Schloss sprang zu.       
Nun gingen sie mit bis zum Schlagbaum, ich bedankte mich und wir waren drüben.
Im nahen Dorf krähten die Hähne und verkündeten einen neuen Tag.

Zum Glück hatte ich nur gut 100 Mark im Geldbeutel – ein kleines Erlebnis in Glauchau belehrte mich:
Da ich nach unserer Rückkehr mit Fritz vom Krankenhaus immer zeitig aufstand und Frau Martin half, durfte Fritz immer ausschlafen. 
Der Schlüssel hatte seinen Platz in der Handtasche.         
Als ich drüben etwas holen wollte, war der Schlüssel nicht da.
Ich schimpfte Fritz aus, doch behauptete er, den Schlüssel in die Tasche getan zu haben. Er suchte selber, fand ihn nicht, dann schüttelte er die Tasche und man hörte ihn. Das Futter war aufgetrennt und der Schlüssel dazwischen gefallen.        
So nähte ich unser Geld an diesem Platz vor unserer Abreise ein.

Nun fanden wir im Laub unter den Obstbäumen noch Äpfel und waren glücklich darüber etwas im Magen zu haben.Wir mussten nun Stunden laufen, wie an den Vortagen.           
Ich trug das Gepäck etwa 100 m vor, stellte es ab und einer musste dabei bleiben. Dann ging ich zurück und trug Eckhard bis dorthin.            
So kamen wir nur langsam vorwärts.

Gegen Mittag waren wir in Meiningen. Dort bekamen wir in einer Bäckerei etwas ohne Marken.           
Von da ab kamen wir per Anhalter auf Lastwagen weiter über Schweinsfurt, Würzburg, Höchst.           
Dort bekamen wir auf dem Bahnhof von der Bahnhofsmission einen großen Topf Spinat. Die Frau meinte, so habe sie noch kaum einmal Kinder essen sehen, so gut hat es ihnen geschmeckt.
Über Wertheim kamen wir nach Neckarels, dort waren wir in einer Gaststube über Nacht, kamen erst spät am Abend nach Heilbronn, dort schliefen wir in einem Bunker zum letzten Mal…
Dann nahm uns Einer mit über Marbach nach Ludwigsburg. Von dort fuhren wir mit der Straßenbahn bis Vaihingen.      
An der Haltestelle durften wir mit einem Personenwagen mitfahren bis Sindelfingen, dann mit der Bahn nach Böblingen.     
Bei Wilhelm Schlecht wurde Onkel Gottlob in Deufringen angerufen, ob er uns mit dem Pferdegespann abholen könnte. Leider hatte er kein Pferd.     

So holte unser früherer Nachbar, Herr Friedrich Roller, uns in Böblingen mit dem Auto ab. Als wir die „Kehle“, dem Tor nach Aidlingen, hinunter fuhren, fasste ich den Mut und fragte ob mein Mann zurückgekommen sei.
Nur ganz zögernd antwortete er mit nein.

Vor Ahnes (Marias Mutter) Häusle standen schon alle, alle bereit und ich sagte „Alle Vögel sind schon da“.   
Am Ofen waren die Betten über Stühle gehängt, wie es Mutter schon tat seitdem es etwas kälter wurde.         
In der Küche stand Schwager Gottlob und bratete für jeden ein Schnitzel.  Wir waren daheim!!!      
Mutters innige Gebete wurden erhört – war der 24. Okt. 1945.

Ehemann/Vater/Ehne Christian kam nie zurück vom Krieg
Maria mit ihren Stiefel`s-Buben Ernst, Klaus, Eckhard und Fritz

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Erfahrungen

meine 50 Jahre mit Motor(&)bikes

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Erfahrungen über mich/uns

Mit dem Burgman nach Deutschland

1.7.2021
Nachdem der noch in Deutschland angemeldete Burgman seit der Lapplandfahrt mit Carmen im Herbst 2014 hier oben ist – seit 2016 ohne TÜV, sind Xiao und ich nun unterwegs zur Erstanmeldungsbesichtigung beim TÜV in der 220 km entfernten Küstenstadt Skellefteå.
Warten auf den Ingenieur
Der Ingenieur findet nichts das gegen eine Zulassung auf Schweden spricht denn alle Daten stimmen – nur der Preis nicht (umgerechnet fast 400 Euro)
Dann eine Stunde warten auf die anschließende HU – diesmal stimmt der Preis (55 Euro) aber ein schlechtes Vorderradlager könnte unsere geplante Deutschlandreise verzögern…
Rast am Skellefte-Fluss bei der stimmungsvollen Heimfahrt
Während ich am späten Abend noch 2 SKF-Industrie-Radlager  bestellen konnte, kann ich erst am nächsten Morgen nach dem Ausbau mit viel Glück noch 2 Radialwellen-Dichtringe ausfindig machen, nachdem ich feststellen musste, dass keine geschlossenen Lager verbaut waren und auf einer Seite sogar der Simmering gefehlt hat!!!
Nun heißt es hoffen, dass die Lager und Dichtringe in den nächsten Tagen kommen damit wir bald gen wilden Süden starten können und dann unterwegs in Mittelschweden bei unserer Freunden Ingbritt und Roland die Nachuntersuchung klappt 😊
7.7.2021
Radlager und Radialwellendichtringe gewechselt, Smartphonehalter gebastelt und montiert, probegepackt und die ungefähre Tour geplant…
und nachdem heute auch noch das schwedische Kennzeichen kam, darf nun das Wetter entscheiden ob es am Samstag oder Sonntag losgeht 😎
Unser erster geplanter Besuch gilt unserer Facebook-Freundin Ingbritt im gut 1000 km entfernten Örebro, wo der Burgman auch einen Termin zur Nachuntersuchung hat.
10.7.2021
Probefahrt…
und Abschlussbad top 🥰
kein Wunder bei tollem Wetter, Roller und 22 Grad (Trink)Wasser
12.7.2021, Fagerbjörka
Nach eineinhalb Tagen und gut 1000 km mit dem Motorroller auf Land- und Schotterstraßen sind wir sehr 💜lich von unserer Freundin Ingbritt auf dem Pferdehof in Fagerbjörka aufgenommen worden 😍
13.7.2021
30 Grad 😓 wer hätte gedacht dass wir nach 13 Stunden Fahrt schon in Spanien sind 😎
Am frühen Abend Verabschiedung von Ingbritt – es geht nur gut 150 km weiter östlich gen Stockholm nach Hölö, zu unserem Freund Jonas den wir vom zufälligen WildnisFestival ein Jahr zuvor kennen.
14.7.2021
Darf Jonas beim Grundaufbau seines Tinyhouse helfen
15.7.2021 Nachdem wir wieder am Tinyhouse gebaut haben fährt Jonas mit uns zum Baden ans Meer am Brandalsund Strand
Am Abend kommen einige Bekannte vom Wildnis-Festival wo uns das Leben auf unserer Wandertour im Grenzgebirge ein Jahr zuvor hingeführt hatte und wir den herzluchen Dänen Jonas und er seine Lebensgefährtin aus Hölö kennlernten
16.7.2021 Am Nachmittag nach herzlicher Verabschiedung von Jonas starten wir auf die gut 50 km bis zu meinem Bruder „RolleMolle“ den ich schon 11 Jahre nicht mehr getroffen habe und der seit 2019 in einem Wohnwagen im „Ashram Soulbacken“ im Wald südlich von Stockholm wohnt.
Im „Ashram Soulbacken“ bei meinem wunderbaren „Bruder“ „RolleMolle“ angekommen hätte ich ich ihn fast gefragt ob Roland da ist und wo sein Wohnwagen steht 🙃
so sehr er sich äußerlich verändert hat (von gut 160 auf 80 kg) seit wir uns 2012 das letzte Mal gesehen haben, so sehr sind wir uns innerlich nähergekommen 🙏😍
Freudig-aufregende Tage und rauchig-spannende Nächte mit unserem „Bruder“ Rollemolle, dem lieben Kim und „möchtegern Guru“ Henke.
Herzlicher Abschied – nach 5 intensiven Tagen geht’s weiter südlich gen Fähre in Trelleborg.
Auf halbem Wege brach der Auspuffkrümmer und ich kann ihn in einer Werkstatt ausbauen und schweißen lassen.
Nach Sonnenuntergang kamen wir in Trelleborg an und waren dann Pizza essen. Nun warten wir auf die Fähre nach Rostock nachdem niemand nach Covid-19-Tests oder Ausweis verlangt hat 🙃
Nach 2 Stunden warten dürfen wir um 00:45 Uhr als letztes auf die Fähre und finden einen Überdachten Schlafplatz an Deck.
22.7.2021
Guten Morgen nach zum Glück regenfreier Nacht im Schlafsack auf Liegematten an Deck
Um 7 Uhr berollen wir in Rostock deutschen Boden
Leider bricht nach 50 km der Auspuffkrümmer wieder und mit viel und langem Einsatz wird er in einer Schweißerei wieder geschweißt.
Aber auch diesmal kommen wir nur 250 km bis er wieder bricht und wir mit viel Glück (ohne Polizei) und furchtbarem Krach am frühen Abend die Familie meines Bruders Christian im Schloss Tonndorf erreichen.
23.7.2021
Vor dem Verarbeitungsgebäude meines Bruders, der hier leidenschaftlich Imker ist. Während Xiao mit meiner Nichte den Schlissturm besteigt gelingt es mir einen neuen, italienischen Zubehör-Komplettauspuff zu bestellen.
24.7.2021 Glücklicherweise ist der Auspuff schon heute gekommen und er passt, so dass wir morgen die 400 km bis zu Monia und Björne planen
25.7.2021 Nach erneuten Startproblemen mit dee Batterie, herzlicher Abschied von Bruder mit Famile und der tollen Schlossgemeinschaft
Als wir nach 5 Stunden und Gewitterregenguss im Stau bei Heilbronn im (Bauern)Hof von Björne und Monia in Leonbronn ankommen, stellen wir durch ihren lieben (Reserve-)Papa Werner fest, dass der Hinterradreifen 🥵 FURCHTbar 😱 aussieht und wir uns auf WUNDERvolle Weise unbeschadet wiedersehen dürfen – danke liebes Leben 🙏
26.7.2021
Wenn, wie geplant, morgen Abend der neue Hinterreifen montiert wird, werden wir übermorgen, so Leben möchte, die restlichen 60 der 3000 km zu „unseren“ Eltern in Aidlingen in Angriff nehmen 😍
27.7.2021 Nachwuchs-Landwirt Björne in seinem Element 😍
freudiger Maultaschen-Hofabend mit „unserer“ Familie und unseren neuen Freunden Melanie & Dietmar
28.7.2021 Morgendlicher, emotioneller Abschied von Björne
Nach meiner Corona-Masken-Premiere beim Tanken in Merklingen 🙃 sowie kurzem Besuch bei Dieter, Ludwig in Deufringen und meines ehemaligen Chef und Freundes Udo bei Metallbau Stetzler in Aidlingen…
…kann Xiao (nach 1617 Tagen) überglücklich endlich wieder in den Armen „unserer“ wundervollen Eltern liegen 🙏💜😘

Im Oktober flogen wir nach Lappland zurück und wollten im Frühjahr 2022 wieder runterfliegen um zu Beginn des Sommers mit dem Roller über Norwegen wieder hochzufahren – aber durch den nach Corona nächsten geschürten (Russland-) Hass in Deutschland haben wir erst wieder 2023 „unsere“ Eltern besucht und nachdem Xiao nach Nepal, Tibet und China weitergereist ist, babe ich am 23. Mai 2023 alleine die Roller-Hochfahrt angetreten.

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Erfahrungen über mich/uns

Luft raus – Zeitbombe verstopft Luftpumpe

Wie durch die, seit der China-Radtour 2016 versteckte (weil unbewusst nicht ausgeheilte), schwere Krankheit nach zweieinhalb Jahren ganz plötzlich der Tod (laut Ärzten) wieder sehr nahe war.

Genau an unserem 2. Hochzeitstag hat mich der Thrombose- und Lungenembolie-Albtraum meiner China-Radtour 2016 bewusst wieder eingeholt.
Nach 4 Tagen Schmerzen an thrombosemäsig verwirrenden Stellen, kam mit der kurzen, schweren Atemnot am Sonntag Nachmittag mein deutliches Zeichen für einen Arztbesuch.
Unser Freund Terje bringt mich und Xiao ins Gesundheitszentrum in Arjeplog, wo die Krankenschwester leichtes Fieber und, laut ihren labidaren Worten, einen „leicht hohen“ CRP-Wert (Infektionswert im Blut) feststellt.
Auf meine Frage wie hoch mein leicht hoher Wert ist, meint sie 108 – und auf meine Frage wieviel normal sei, meint sie unter 5!?
Obwohl ich ihr schon bei meiner Ankunft, sowie auch später dem dazukommenden Arzt, deutlich klargemacht habe, dass, wie schon in China, mein äußerlicher Zustand sicher nicht den gefährlichen inneren Zustand widerspiegelt, ist man sich denke ich, meiner lebensbedrohlichen Lage wahrscheinlich nicht wirklich bewusst.
Zum Glück brauche ich keine Angst zu haben, da Leben und Tod beide meine Freunde sind.
Mit dem Krankentaxi geht es beim sonntäglichen Wintereinbruch zum 220 km entfernten Krankenhaus nach Piteå, am Bottnischen Meer.
Um 21 Uhr in der Akut-Annahme im Krankenhaus in Piteå angekommen, kann/will man auch hier nicht so richtig glauben, dass man lebensgefährlich krank und gleichzeitig in so guter Verfassung sein kann.
Da die hohen Blutinfektionswerte sich auch hier bestätigen, ja sogar in den letzten Stunden noch auf 111 angestiegen sind und wegen meiner Beschreibung der Thrombose mit anschließender Lungenembolie 2016 in China, bekomme ich kurz vor Mitternacht vom herzlichen, jungen Nacht-Arzt eine Spritze zur Blutverdünnung – er meint, dass es für eine Lungen-CT jetzt schon zu spät sei aber ich könne ja morgen früh wiederkommen.
Nachdem ich meinen langen Anfahrtsweg klargemacht habe, bekomme ich ein Bett in der Akut-Station, mit der 99%igen Aussicht des Arztes auf Heimkommen nach der CT am nächsten Tag?!
13.5.2019
Nach einer guten Nacht, da ich die Schmerzen im Bein gedanklich unstörend machen durfte, ergibt die CT am Morgen endlich ein klares Bild, das meinem tiefen Gefühl entspricht – Lebensgefahr durch eine schwere Lungenembolie!
An ein Heimdürfen ist jetzt natürlich nicht mehr zu denken – was ich mir bisher, durch mein Körpergefühl, auch nicht richtig vorstellen konnte.
Es folgte ein ausführlicher Farbdoppler-Ultraschall des rechten Beines, wo einige Verstopfungen der Blutbahnen durch evtl. auch ältere Blutgerinsel festgestellt werden.
Man geht davon aus, dass die Thrombose und Lungenembolie von 2016, während meiner China-Radtour, nicht richtig ausbehandelt wurden.
Damit hätte ich nie gerechnet – dass die Krankheit noch in meinem Körper lauert.
Zum einen gab es ja für mich nach meiner damaligen Blitzgesundung keinerlei Anzeichen mehr (bis am Mittwoch – die ich aber bis Sonntag leider nicht als Thrombose deuten konnte)
und zum anderen war ich ja auch genug mit/in unserem Albtraum beschäftig um mich nach der Rückkehr nach Schweden nochmals mit der augenscheinlich geheilten Krankheit zu beschäftigen
Ich komme ins 3-Bett-Zimmer der Herz-Lungen-Station. Zum 83-jährigen, schwerhörigen Eigenbrödler Kurt und zum jämmrigen, 72-Jährigen Anders der außer seines ständigen Nörkelns und Fluchens, wegen seines breiten Piteå-Dialektes fast nicht zu verstehen ist
Die blutverdünnende Spritze von Mitternacht soll eigentlich 24 Stunden halten, aber um die Mittagszeit scheint die Wirkung bereits weg, denn ich bekomme jetzt stärkere Schmerzen im rechten Bein und fühle mich wieder kränker – aber die folgenden Tabletten zur Blutverdünnung soll ich geplant erst um 20 Uhr bekommen. Das würde ich natürlich gerne mit einem Arzt besprechen.
In den nächsten 5 Stunden bitte ich deshalb 2 Mal Krankenschwestern, mit einer ausführlichen Erklärung, um ein dringendes Gespräch mit einem Arzt – leider ohne Erfolg, außer der wiederholten Frage, ob ich Schmerzmittel haben wolle, was ich grundsätlich mit der Erklärung ablehne, dass ich das Vorgehen in meinem Körper immer ungefälscht und deutlich spüren kann.
Mein lebensbedrohlicher Zustand und mein Gefühl für meinen Körper, scheint wegen meiner guten Werte und wegen meiner Freude auch hier unterschätzt zu werden.
Als ich um 20 Uhr die Tabletten zur Blutverdünnung bekomme, verschlechtert sich mein gefühlter Zustand nochmals und dann kommt auch noch Fieber-Gefühl mit schwitzen und frieren dazu.
Da unverständlicherweise seit Mittag auf mein Bitten kein ein Arzt kam und sogar die routinemäßigen Kontrollen meiner Werte ausgeblieben sind, gehe ich um 21.30 Uhr zum Aufenthaltsraum der Nachtschwestern und fordere aufgebracht und an ihre Verantwortung appelierend sofort einen Arzt.
Man blickt mich nur wie einen Idioten an.
Nachdem bis 23 Uhr weder eine Krankenschwester noch ein Arzt an meinem Bett aufgetaucht ist, gebe ich meine Einstellung und Gedanken auf und mache dafür gedanklich die Schmerzen und das Unwohlsein für den wichtigen Schlaf unstörend, was anscheinend zum baldigen Schlaf geführt hat denn
um 01.30 Uhr werde ich wach, weil Anders, mein Bettnachbar wieder mal die Nachtschwester alarmiert hat – als er sich beruhigt sieht die Schwester, dass ich wach bin, verlässt aber trotzdem unser Zimmer um eine halbe Stunde später wieder zu kommen und mich zu fragen ob ich nicht schlafen kann.
Jetzt platzt mir der Kragen und ich fordere laut sofort einen Arzt. Sie wird zornig und ruft beim Weggehen, dass sie auf meine Verantwortung nun einen Arzt aus dem Schlaf reiße.
Ein paar Minuten später ist sie mit dem Messwerte-Wagen wieder da und beginnt meine Werte zu checken. Ja, sage ich, zuerst müsst ihr mal euren Job richtig machen und dann könnt ihr immernoch einem Patienten in lebensbedrohlicher Krankheit Angst machen.
Sie meint ich hätte keine Ahnung wie viel sie zu tun hätten – jetzt verstehe ich, dass sie hier keinerlei Verständnis und Mitgefühl für mich haben, da meine Werte so gut sind, und ich keine Schmerzmittel brauche – dabei klingele ich bewusst nie nach einer Schwester, weil ich weiß und schätze wie viel sie zu tun haben.
Da sie jetzt für die heutigen Versäumnisse ihrer Abteilung mich verantwortlich macht, schone ich sie nicht mehr und knalle ihr alle Fakten und Versäumnisse um die Ohren, die hier an mir trotz meiner Hinweise und netten Zusammenarbeit bereits begangen wurden.
Jetzt bietet sie mir an mit dem Nachtarzt zu reden.
Kurz darauf treffe ich im Patienten-Aufenthaltsraum den herzlichen Nachtarzt der mir letzte Nacht zu 99% das Heimgehen versprochen hatte und dieser erklärt mir mitfühlend, dass die Krankenschwester weinend zu ihm kam und alle hier heute überfordert waren und ich mache ihm klar, dass durch dieses arrogante und ignorante Macho-Gehabe, anstelle von Gefühl für und Wissen über ihre Patienten, der Zeit- und Selbstbewusstsein-Mangel und damit die Probleme seiner Schwestern sicher nicht kleiner werden.
Er stimmt mir zu und und ich sage ihm, dass ich mich bei der Nachtschwester entschuldige, damit sie nicht, wie ein kleines Kind, weiter gleichzeitig zornig, gekränkt und beschämt sein müsse und er aus dem Schneider sei.
Er erklärt mir, dass ich mir trotz meines größeren Unwohlseins keine Sorgen zu machen brauche und morgen mit dem Stationsarzt alles besprechen könne – zwingernd sage ich ihm, wie schon in der Vornacht, noch einmal, dass ich mit meinem Tod sicher besser umgehen könne als sie.
Wir verabschieden uns wie in der vorigen Nacht umarmend und als ich später noch die Schwester herzlich errreichen darf, kann ich noch 2 Stunden schlafen bis der gute Anders nebenan wieder quängelt
Nachdem ich am Morgen (Dienstag, 14.5.) frage, ob es ok ist mit den Blutverdünnungstabletten zu warten bis nach dem Gespräch mit einem Arzt, stellt sich zur Mittagszeit eine Ärztin bei mir vor, mit der ich lange rede und bei der ich Mitgefühl Verständnis und Kompetenz spüre.
Sie scheint mich und meine Krankheit wirklich zu verstehen und meint es wäre ein Wunder, dass ich diese schwere Lungenembolie überlebt hätte – ob sie wirklich versteht was meine unglaublich guten Werte mit meiner inneren Eistellung und meinen Gedanken so wie meinem Vertrauen in Leben und Tod zu tun haben, weiß ich nicht, aber wir haben einen herzlichen Respekt füreinander – und das ist eine gute Basis.
Sie veranlasst sofort ein Herz-Ultaschall um zu sehen, wie stark das Herz durch die schwere Embolie geschädigt wurde – aber auch hier ist, zur allgemeinen Verwunderung, alles bestens.
Sie meint wir würden jetzt nochmals 2 Wochen auf Spritzen umstellen und sie würde noch eine Krebsuntersuchung des Magens vorschlagen, um dies als mögliche Ursache der Thrombose auszuschließen.
Leider wäre aber erst in 2 Tagen, am Donnerstagabend, ein Termin zur Herz-CT frei – aber ich bleibe gerne noch hier, um mich unter Kontrolle austesten zu können, da sie meint, dass ich ruhig bis zur Schmerzgrenze auf den Beinen sein dürfe.
So gehe ich immer wieder eine zeitlang unter Beinschmerzen auf den Gängen umher und erhole mich dann wieder im Bett oder sogar in der kräftigen Frühlingssonne auf dem Stations-Balkon, der extra für mich geöffnet wird.
Da auch bei der Magen-CT am Donnerstag um 19 Uhr alles ok ist, darf ich mich am Freitag (17.5.), nach einem letzten deftigen Frühstück und Mittagessen sowie einem offenen Abschlußgespräch mit der Ärztin und einer herzlichen Verabschiedung von meinem Bettnachbarn und Freund Anders, auf den Heimweg machen.
Die Stationsschwestern haben meine Heimreise organisiert, bei der es mit dem Bus die 130 km bis Arvidsjaur gehen soll wo dann bereits ein Taxi bis Mellanström auf mich warten würde.
Als ich die verschriebenen Blutverdünnungsspritzen in der Krankenhausapotheke geholt habe (leider haben sie nur 12 der 24 da und diese kosten mich 65 Euro – und reichen nur für 6 Tage!?) sehe ich, dass der wartende Bus sogar bis Arjeplog fährt und verstehe deshalb nicht warum das Taxi nicht in Arjeplog wartet. Aber da ich keine Kontaktdaten, weder von meiner Krankenstation noch vom Taxi habe, lasse ich gedanklich einfach los, muss aber nochmals ins Krankenhaus spurten, da ich nicht auf der Busliste stehe – wieder ein Versäumnis. Um 14.10 Uhr startet die Heimreise planmäsig und aus dem Bus sehe ich sogar noch einmal zu meinem Zimmer und Stationsbalkon.
Vorbei gehts am Bottnischen Meer – genau da wo ich 2017 auf der Rollertour gebadet habe.
Am Busbahnhof steigt dann sogar noch die ehemalige Mellanströmerin Eva mit ihrem Lebensgefährten zu, bevor es ein Stück am Piteälven-Fluss entlang Richtung Arvidsjaur geht.
Um 16 Uhr in Arvidsjaur am Busbahnhof ausgestiegen ist mein Taxi nicht da!?
Nach einer halben Stunde warten mache ich mich mit meinem Gepäck trampend zu Fuß in Richtung Stadtende und nach eineinhalb Kilometern werde ich gut 50 km bis Slagnäs mitgenommen.
Nachdem ich da auch wieder mit zusammengebíssenen Zähnen 1 km bis zum Ortsende gehe, werde ich 10 Minuten später bis 1 km vor Mellanström mitgenommen.
Erschöpft (nach fast 4 km mit Gepäck heute – zum Glück habe ich im Krankenhaus schon bis zur Schmerzgrenze umhergehen dürfen) komme ich um 18 Uhr zuhause an, wo die tapfere Xiao bereits seit einer Stunde wartet.
Nachdem ich den Brief der entgültigen Ablehnung von Xiaos Asylgesuch gelesen habe der heute gekommen ist, können wir sogar im Wintergarten zu abend essen.
Das Problem mit Xiaos anscheinend unmittelbar bevorstehender Abschiebung, zurück in den Albtraum, muss bis Montag warten – auch wenn die schwedische Gerichtbarkeit natürlich nicht vertrauenswürdiger arbeitet als z.B. das Gesundheitssystem, die Asylbehörde oder …, weil natürlich auch da, trots der eklatanten Fehler, aus Angst eine ungeheuerliche Arroganz/Dummdreistigkeit herrscht, um die schwedische Unfähigkeit Fehler zu begehen (und damit daraus zu lernen) zu kaschieren – denn bei einem sind die lieben Schweden absolut zuverlässig und schamlos – beim Kaffeepause und Feierabend machen 😉
Leben sei Dank darf ich Vertrauen, sonst wäre mein Magen sicher schon lange nicht mehr in Ordnung.
Traumwetter als Willkommensgruß.
Während Xiao am Samstag (18.5.) mit Linda auf einem Yoga-Malkurs in Arvidsjaur ist, genieße ich die 22 Grad auf der Terrasse und lasse mir alles noch mal durch den Kopf gehen:
so einfach wie in China ist der Sinn der Krankheit (noch) nicht zu erkennen – damals wurde ich schlagartig „gesund“ nachdem die Visumverlängerung genehmigt war um Xiao wieder treffen zu können – der Rest ist bekannt.
Vorteil der jetzt wieder ausgebrochenen Krankheit:
zum Einen kann sie sich nicht länger verstecken und hat damit nicht nur ihre große Gefahr verloren sondern gibt mir endlich die Chance sie bei der Heilung zu unterstützen
und zum Anderen wurde mein ganzer Körper mal ordentlich durchgecheckt wobei sich rausstellte dass:
– das Herz sehr stark ist und erstaunlicherweise nicht einmal durch die schwere Lungenembolie angegriffen wurde!
– die Lunge sehr stark ist und trotz der schweren Embolie noch eine Sauerstoffsättigung zwischen 93% und bei der Entlassung sogar schon wieder 99% hatte.
Auch durfte ich wieder viel über (meinen) Körper und Geist dazulernen und sogar zum ersten Mal ganz bewusst Schmerz gedanklich umwandeln, damit er mich für den wichtigen Schlaf nicht zu stören brauchte (was 9 Jahre zuvor nach meinem wundernvollen Motorradunfall unbewusst/intuitiv geschah)
Nachteil:
– muss jetzt, nach dem zweiten Mal, eigentlich lebenslang blutverdünnende Medizin zu mir nehmen – auf die unerlässlichen 6 Monate gehe ich auf jeden Fall ein – aber dann darf es für mich, der sonst nie Medizin braucht, auch genug sein – falls ich nicht vom Leben klare Zeichen zum Weitermachen bekomme.
– muss laut der Ärztin evtl. noch ein paar Wochen die Schmerzen der Blutpfropfen im rechten Bein und der linken Seite unterhalb des Brustkorbes aushalten – da ich bekanntlichermaßen grundsätzlich keine schmerzstillende Medizin nehme, um die Vorgänge im Körper immer zu spüren – aber auch hier scheint alles sehr schnell zu gehen denn schon heute, nach einer Woche, treten fast keine Schmerzen mehr auf.
Epilog 😉
Die Ärztin meinte es wäre ein Wunder, dass ich diese schwere Embolie überlebt habe – das freut mich für sie, da sie damit (zumindest unbewusst) an Wunder glauben können – ich darf Wunder(n) leben und im Gegensatz zu Ihnen liebe/schätze ich das Leben nicht mehr als den Tod 😊
Sogar am Sonntag gibt es nochmals 22 Grad – perfekt zum Eisbrecher-Finale sowie zur Kanu- und Badepremiere
Wir haben sehr viel Spaß beim crashen des letzten Eises
und die Super-Energie des noch recht kühlen Wassers hat meinen Körper nach der schweren Thrombose und Lungenembolie wieder komplett aufgeladen – ganz zur Xiaos Freude über den kümmerlichen kleinen Frange 😜

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Erfahrungen über mich/uns

(„meine“ LIEBE) Frau Xiao

2016 führt mich das LEBEN ungeplant und undenkbar durch viele kleinere und größere Wunder mit dem Fahrrad über Finnland, Estland, Russland, Sibirien, Mongolei, Wüste Gobi und Nordchina zu (m)einer unbewusst auf mich wartenden Seelenschwester Xiao – und nach unserem unerwarteten, wundernvollen Wiedersehen, 2 Monate und gut 5000 km später, sogar zusammen nach Sri Lanka – und – nur durch die vielen schrecklichen Geschehnisse unseres unglaublichen Weges (todnahe Krankheit, Lügen, Verfolgung, Diebstahl, Kidnappingsversuche, Körperverletzung, Morddrohung, Flucht, Kopfgeldjagt, Intrigen, Korruption, Gefangenschaft, Zwangsabschiebung, Untertauchen, Asylantrag…) konnte Xiao den Bann ihrer furcht-bar kontrollierenden Familie durchbrechen.

Hier zum gesamten unglaublichen Weg zu- und miteinander

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Nach unserem Kennenlernen bei meiner ungeplanten Radtour bis und durch China sowie dem Albtraum in Sri Lanka und 3 Monate Trennung (Xiao untergetaucht in China und ich eingesperrt in Sri Lanka)
freudiges Wiedersehen bei „unseren“ lieben Eltern
in meinem Geburtsort Aidlingen

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„In unserem Leben ist es einfach, jemanden zu treffen, den wir mögen, mit dem wir Zeit verbringen oder mit dem wir Sex haben können, aber es ist nicht einfach, jemanden zu treffen, der uns versteht.“ (Xiao Liu)

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09.02.2019

Hallo meine Freunde!
Da ich nun hier in Arjeplog einen Job bekam, habe ich mich dazu entschieden, dass ich von nun an gerne meinen offiziellen Vornamen Xiao anstelle von Elyon anwenden möchte, den ich wegen meines Englisch-Studiums in China gewählt hatte.
Xiao wird mit einem spitzen „Sch“ anstelle des „X“ ausgesprochen (Schiau)
Xiao bedeutet lächeln 😊

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„Heute ist es nicht so kalt. Der Schnee fällt von den Bäumen, was einem die Illusion gibt der Frühling würde kommen. Aber momentan sehne ich mich nicht nach dem Frühling. Ich bin zufrieden und genieße den Moment im Jetzt. Nicht Vergangenheit, nicht Zukunft – sondern im Jetzt.
Wenn der Winter nach Lappland kommt werden die Tage kürzer und kürzer. Es beginnt bereits um 15 Uhr dunkel zu werden und das Tageslicht kommt nicht vor 8 Uhr zurück. Oft habe ich gehört, dass die Menschen die lange Kälte und Dunkelheit hier verurteilen – sogar diejenigen die in Lappland aufgewachsen und daran gewöhnt sind fühlen sich depressiv während dieser Zeit. Diesen Winter bin ich in außergewöhnlich innerem Frieden und sogar erfreut.
Ich liebe die Wärme des Sommers – wenn die Mitternachtssonne sich im See spiegelt, der Duft des Waldes, die Glockenblumen in der zarten Luft.
Auch die kalte und klare Luft im Winter liebe ich – die Massen von reinem, glitzerndem Schnee auf den Bäumen, die Eiskristalle auf den Wimpern und der Hauch aus dem Mund, das behagliche Feuer im Ofen in der kalten, dunklen Nacht, der sternenklare Himmel und das tanzende Nordlicht.
Ich liebe den starken Sonnenschein im Frühling – das Explodieren des Lebens, die grazilen Rentiere und das Geräusch von schmelzendem Schnee.
Auch die faszinierenden Farben im Herbst liebe ich – der türkisblaue Himmel und die goldenen Blätter, die Beeren auf den Bergen und der kuschelige Pullover.
Van Gogh schrieb in einem Brief an seinen Bruder Timo: „Geh raus so oft Du kannst, und festige Deine Liebe zur Natur.“
Ich beginne die Natur zu lieben – oder vielleicht besser gesagt – die Liebe, die viele Jahre verloren war, habe ich wiedergefunden.
In der Natur fühle ich mich nicht länger hilflos. Die Natur umarmt und akzeptiert mich.
Alles Schauspielern und Anpassen ist unwichtig.
Wenn der reine Schnee fällt und der eisige Wind weht, wenn die Sonne untergeht und die Sterne scheinen, dann habe ich keine Zeit eine andere Rolle zu spielen als mich selbst zu sein.
Ich berühre das Wahre und die Liebe.
Wo Du wohl gerade bist wenn Du meinen Brief liest? Wer blickt gerade auf Dich? Welcher Ausdruck ist auf Deinem Gesicht? Und welche Gefühle hast Du?
Das Leben ist wunderbar!
Für wen schlägt Dein Herz? Welchen Körper berühren Deine zärtlich leuchtenden Augen?
Wer zaubert ein Lächeln in Dein Gesicht? Wer lässt Deine Schmetterlinge im Bauch fliegen? Und wegen wem rollen Deine Tränen?
Alles scheint Zufall, aber es ist als ob alles mit tiefem und wundervollem Sinn geplant ist.
Ich erwarte kein Resultat mehr im Leben, weil ich nun weiß, alles ist perfekt arrangiert. Alles was passiert macht Sinn.
Ich wünsche nur, dass Du auf Dein Herz hören kannst, und jede Möglichkeit umarmst die Dir das Leben bringt.“

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20.04.2020

WUNDERn über MutterLIEBE 😢

Da Xiao heute nach dem Mondkalender Geburtstag hat 🎂 sendete ihre Mama aus China via Wechat einen Geburtstagsgruß in dem sie gratulierte um sich (wie ständig und vor allem) selbst wieder zu bedauern und bei ihrer Tochter Schuldgefühle zu wecken/aufrechtzuerhalten, weil ihr Glück, Selbstwert- und Mitgefühl (das sie nie wirklich empfand) anscheinend mit Xiao von ihr gegangen ist.
Hier Xiaos Antwort:
„Danke Mama. Kinder werden eines Tages gehen, ihren eigenen Weg wählen, weise Eltern werden sie segnen und diese „Trennung“ als spirituelles „Eins-Werden“ betrachten. Ich wachse. Ich erforsche. Ich bereichere mein Leben und ich liebe, also hast du eigentlich Grund glücklich und stolz auf mich zu sein. Das Leben ist nicht nur in der Ecke deines Verstandes, nicht nur im Ansehen der Freunde und der Nachbarschaft, das Leben ist voller Wunder und Güte, und das erlebe ich jetzt.“
🙏
Durch welch vermeintlichen Albtraum (WUNDERnvolle Gnade des Lebens…) Xiao endlich aus der Furcht-baren Kontrolle ihrer Familie fliehen und zu dieser LIEBEvoll-weisen Einsicht gelangen konnte, kann man in diesem PDF lesen (1 MB)

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22.05.2020

„Mein Antrag auf Arbeitserlaubnis in Schweden wurde von der schwedischen Einwanderbehörde abgelehnt, weil ich mich vor anderthalb Jahren (angeblich) „nicht selbst versorgen konnte“, da ich von meiner ehemaligen Chefin falsch informiert wurde und dann noch den Lohn zu spät bekam, obwohl ich mich bisher immer sehr gut versorgen konnte. Ich bin kraftlos und sooo müde von all dem.

Jetzt muss ich Schweden innerhalb von 3 Wochen verlassen. Ja, ich habe die Möglichkeit Berufung einzulegen, aber ich zweifle am Gelingen durch dieses eiskalte und arrogante System und Verhalten.

Ich habe einen Job in dem ich mich wohl fühle, habe Kollegen und Menschen um mich, die ich liebe und ich werde wirklich gebraucht ihn dieser Zeit der Krise! Jetzt, nachdem Frank und ich drei Jahre lang gekämpft haben, weiß ich nicht mehr, was ich machen und wie weitermachen soll.“ Xiao Liu

Hier im PDF (ab Seite 14) wie Xiao nach dem Albtraum in Sri Lanka noch 4,5 Jahre in/an Schweden leiden musste

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26.09.2020

Xiao sitzt mit geschlossenen Augen im Lotussitz auf der Gymnastikmatte neben dem Schwedenofen und macht ihre sogenannte, (nicht allmorgendliche) „Yoga-Meditation“.
Als ich vorsichtig Holz nachlege, zwickt sie mich in den Popo und zwinkert mir kurz zu – und ich hoffe, dass ich sie nicht allzusehr abgelenkt habe.
Eine Weile später sagt sie plötzlich leise: „Jetzt passiert etwas komisches. Mein Körper fühlt sich irgendwie dick – ausgedehnt – fast grenzenlos an“ und ein paar Minuten später: „Jetzt ist wieder alles normal“.
Als sie die Augen wieder öffnet erklärt sie mir, dass plötzlich ihre körperlichen Grenzen irgendwie verschwunden waren und sie sich mit allem verbunden fühlte und fragt unsicher, ob ich das glauben und verstehen könne?
„Oh ja das kann ich“ antworte ich „und es ist echt, weil du es nicht erwarten/wollen konntest da du nichts davon wusstest – WUNDERvoll! Bitte, meine Liebe, sei dankbar über diese, vielleicht einmalige Gnade um Verstehen/BewusstSein zu können und versuche nicht es wieder zu erreichen.“
„Es ist toll, dass du es und mich verstehst“ meint sie und ich erkläre ihr, dass das was ich 2013 während meiner ver-rückten Bauwagenzeit in der Wagenburg nach dem ungeplanten Verzehr eines „Spacekeks“ erfahren durfte auch für mich unerwartet war
aber sehr wichtig zum Verstehen/BewusstSein wurde und auch bestehen bleibt ohne wiederholt werden zu müssen.

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28.04.2021

21.05.2021

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22.05.2021

Ja, mein Antrag auf eine Aufenthaltskarte wurde genehmigt, was bedeutet, dass ich in Schweden bleiben und sogar ins Ausland reisen kann.
Danke Leben, danke meine Freunde, danke Frank und danke an mich selbst! ❤️🙏🌍

„Alles fügt sich perfekt zusammen, auch wenn es so aussieht, als würde manches auseinanderfallen. Vertraue auf den Prozess, den Du gerade erlebst.“
N.D. Walsch

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Erfahrungen

gemeinsam nach Lappland…

…in die mir 1991 zugefallene „Hütte“ im Inseldorf am Polarkreis in Nord-Schweden

Hier zur gesamten Radtour

Nach einer guten Nacht, ausgiebigem Gsälz(Marmelade)brot-Frühstück und sehr herzlicher Verabschiedung, holt uns früh morgens unser Freund Dieter mit frischen Butterbrezeln zum Flughafentransfer ab – was er sich auf keinen Fall nehmen lassen wollte.
Am Stuttgarter Flughafen angekommen geht`s mit (Gitarren)Sack und nun Umzugs- statt Fahrradkarton zum Einchecken für den Charterflug meines Freundes Rainer (der alle Hebel in Bewegung setzen wollte, um mich aus dem Abschiebelager frei zu bekommen) nach Arvidsjaur.

Im Shuttlebus übers Rollfeld und die Rolltreppe hinauf – dann ist es so weit…
Es wird endlich wirklich und wahr – nach einem nicht enden wollenden Albtraum sind wir gemeinsam unterwegs in meine langjährige Wahlheimat Schwedisch-Lappland.
Xiao ist verständlicherweise total müde und so wecke ich sie erst kurz vor der Landung.
Nach 4 Stunden Flug (mit kurzer Zwischenlandung in Frankfurt-Hahn) landen wir in Arvidsjaur über den Testbahnen der Automobilindustrie auf dem Eis.
Fräulein Xiao`s (erstes) Gespür für (Lappland-)Schnee.

Mein Freund Thomas aus Arvidsjaur holt uns vom Flughafen ab und bringt uns zum Essen mit seiner Frau in deren Haus.
Der Kreis schließt sich – bei ihnen habe ich nach Tourstart und den ersten 90 km am 8. Mai letztes Jahr mein erstes Abendessen erlebt und danach bei ihnen meine erste Tour-Nacht verbracht – damals war die Mongolei noch ein Scherz und China nicht mal im Kopf, weil undenkbar!
Leben Du bist der Mega-Hammer – Dankeschön ❤
Im Inseldorf angekommen müssen wir noch auf meinen „Reservebruder“ Terje wegen des Hausschlüssels warten – er hatte mir bei der Verabschiedung von ihm und meinen „Reserveeltern“ noch ein paar Energieriegel mitgegeben die ich manchmal so nötig brauchte.
Dann sind wir endlich DAHEIM

Nachdem Xiao am nächsten Tag auf dem Eis mit Schnee unsere Liebe sichtbar macht, kommen einen Tag später die TolleTrolle Monia und Björne aus Deutschland für 8 Tage auf Besuch – auch zwischen Xiao und ihnen herrscht sofort Herz-Verbindung 🙂


Wie unglaublich der nicht enden wollende, vermeintliche Albtraum noch die nächsten Jahre weitergeht (durch die rückgratslose schwedische Mentalität) kann man in diesem PDF ab Seite 14 nachlesen

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Erfahrungen

Xiaos Weg zu mir…

…und „unseren“ Eltern

Hier zur gesamten Radtour

Anfang Februar beantragt Xiao in Peking das 3-Monats-Visum für Schweden.

Danach zieht sie, da Xins Freund zurückkommt, von deren Appartement in ein Hostel in Peking, um dort auf den (hoffentlich positiven) Visumbescheid zu warten.
Nach einem telefonischen Interview wird das Visum am 11. Februar genehmigt.
Als der Pass mit Visum via Post und ein paar Tage später zum Hostel kommt buche ich ihr den Flug für den 21. Februar um 02.15 Uhr ab China über Moskau nach Stuttgart.

Am 15. Februar macht Xiao mit ihrer ehemaligen Highschool-Freundin Dan (die sie im Hostel besucht und eine Nacht bei ihr übernachtet hat) einen Ausflug zur Verbotenen Stadt.

Am Abend des 20. verlässt Xiao das Hostel und fährt mit der Metro zum Pekinger Flughafen wo sie noch vor Mitternacht ankommt.
Doch dann im letzten Moment noch eine Hürde beim Einchecken!
Ohne einen Rückflug lassen sie Xiao nicht fliegen – also buche ich in allerletzter Minute noch einen Rückflug.
Planmäßiger Start um 02.15 Uhr bei Schneeregen.

Nach 8,5 Std. landet Xiao (mit 5 Std. Zeitverschiebung) um 05.40 Uhr in Moskau und um 09.30 Uhr geht es weiter nach Stuttgart wo sie nach 3,5 Std. (mit weiteren 2 Std. Zeitverschiebung)um 10.55 Uhr landet.
Nach einer letzten Befragung am Zoll in Stuttgart liegt Xiao schüchtern und müde aber glücklich in meinen Armen.
In der „Knutschkugel“ (Smart) meiner Eltern fahren wir die 30 km nach Aidlingen, wo sie von „unseren“ glücklichen Eltern ganz liebevoll empfangen wird.
Sie schließen ihre neue Tochter sofort ins Herz.

Sauerbraten und Spätzle mit und von unseren glücklichen Eltern – mein gewünschtes Mittagessen für diesen Festtag.

Nach Mittagsschlaf in meiner Wohnung unterm Dach, geht`s zu den Freunden vom Lindenhof und im Nachbarort Deufríngen.

gemeinsam nach Lappland…

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heimwärts zu meinen Eltern…

…die unglaublich froh und dankbar sind nicht auch noch einen zweiten Sohn verloren zu haben

Hier zur gesamten Radtour

Irgendwie gelingt es mir beim Flug ein wenig zu schlafen und als ich erwache wirde es gerade hell und die Karpaten sind zu sehen – Erinnerung an die ebenfalls ungeplante, WUNDERnvolle Tramptour 20 Monate zuvor.
Nach 11 Stunden landet der KLM-flieger planmäßig in Amsterdam – durch die Zeitverschiebung ist es hier natürlich erst kurz nach halb Neun Morgens.
So bin ich nach knapp 9 Monaten wieder in der Mitteleuropäischen Zeit.
In Amsterdam habe ich 8 Stunden Aufenthalt und dann geht es bei Sonnenuntergang in einer knappen Flugstunde wieder ein klein wenig ostwärts bis Stuttgart.
Mein Papa holt mich am Flughafen ab und damit er keinen Parkplatz nehmen muss warte ich vor dem Flughafengebäude – leider herrscht Stau auf der Autobahn, so dass ich in der Winternacht mit meinen dünnen, kurzen Sri Lanka Klamotten fast erfriere bis er endlich kommt.
Nach knapp 30 km Autofahrt sind wir dann zuhause bei meinen Eltern in Aidlingen – mit insgesamt gut 9000 km und 22 Stunden habe ich genügend Abstand hinter Sri Lanka und mir gelassen.
Mama und Papa weinen beide vor Freude. Sie waren die ganzen Monate über sehr sehr tapfer!
„Wir wissen ja, dass das Leben auf dich aufpasst weil du so denken kannst“ – war 9 Monate zuvor ihr Antwort zu meiner Frage was sie zu m/einer unbestimmten Radtour denken – aber – nur ein paar Wochen bevor ich in diesem, für sie so fernen, unbekannten Land in Gefangenschaft kam, starb mein jüngerer Bruder Uli an Krebs – es war einfach auch viel für sie, unsere wunderbar aufopferungsvollen Eltern.
Gestärkt durch ein komfortables Bett (ohne Nachtruhestörung durch laut diskutierende Afrikaner und 35 Grad tropische
Schwüle) sowie reichhaltiger und liebevoll zubereiteter Mama-Hausmannskost heißt es jetzt, schnellstmöglich, mit Xiao via
Chat- und Email-Kontakt all die vielen, benötigten Dokumente für ihre Ausreise aus China zu mir nach Schweden zu
organisieren.
Schon während meiner letzten Abschiebelager-Tage hatten wir uns um die Beantragung einer „Aufenthaltsgenehmigung für einen
(zukünftigen) Ehepartner oder Zusammenlebenden in Schweden“ gekümmert aber mussten geschockt feststellen, dass
diese mit 14 bis 18 Monaten Wartezeit verbunden ist – und das ist in Xiaos schrecklicher Situation natürlich undenkbar!!!
Schließlich versteckt sie sich seit ihrer Abschiebung nach China, am 29. November, mittlerweile bei 6 verschiedenen Freundinnen in 4 verschiedenen Städten!

Inzwischen sind Xiao und Xin alleine im kleinen Appartement da ihr Freund seine Eltern besucht – so war es ursprünglich geplant, aber durch Xiaos ungeplante, frühzeitige Abreise von Victoria, ermöglichte das Leben ihr noch ein paar Tage zu dritt viel über Probleme und Abgründe in (vermeintlicher) Liebe zu erleben.

Ende Januar „feiert“ Xiao mit Xin in Peking das chinesische Neujahrsfest – das erste Mal in ihrem Leben ohne ihre Familie!
Und ich darf Anfang Februar (unerwartet) mit Mama und Papas Brüdern und deren Frauen Papas 78. Geburtstag feiern.

Xiaos Weg zu mir…

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die letzte korrupte Dummdreistigkeit…

…herrscht beim Transfer und auf dem Flughafen

Hier zur gesamten Radtour

An meinem Abreisetag, fragt mich Alyoush schüchtern-beschämt, ob ich ihm Geld leihen könne, da sein mühsam ersparter Heimflug verfallen ist, wegen eines „Fehlers“ der hohen, korrupten Herren der Einwanderbehörde!
Ich bitte ihn niemandem von dem Geschenk zu sagen und bekomme Erlaubnis in den Ort zu gehen um Geld abzuheben und fahre dann via TukTuk-Taxi eine Ortschaft weiter um es in Dollar umzutauschen.
Am Nachmittag zurück im Lager muss ich beginnen meine Sachen zu packen, da der Abschiebe-Fahrer mit einem Kombi wegen des sperrigen Radkartons für 21.30 Uhr bestellt ist.
Nach dem Packen und ein letztes Mal den „Genuss“ von Reis in Zeitung, gibt es noch die herzliche Verabschiedung von meinen Lagerfreunden.
Als mein Bewacher/Fahrer (der mich zur Abschiebung an den 45 km entfernten Flughafen bringen soll) mit einer halben Stunde Verspätung um 22 Uhr eintrifft, dauert es ganze 15 Minuten bis man das Vorhängeschloss des Gitters um unsere Baracke endlich aufbekommt und dann stellt sich noch heraus, dass er nicht wie abgemacht mit einem Kombi gekommen ist. Er scheint genervt und hochnäsig und hilft mir natürlich auch nicht beim Schleppen meines Gepäcks zum Pickup – aber ich bekomme wenigstens mit einiger Mühe alles verstaut. Bevor ich einsteige, fragt er mich welchen Weg er nehmen solle – Bundesstraße oder Autobahn? „Sie sind hier zuhause, Sir, nicht ich“ ist meine verwirrte Antwort – „ja, meint er, aber ohne Autobahn könnte es knapp werden – und die Autobahn kostet extra!“ Er will tatsächlich Geld von mir!?! „Erstens habe ich meine gesamten Restrupies an die Mitinsassen verteilt – und zweitens ist es nicht meine Sache rechtzeitig zu starten – ich bin schon viele Stunden startklar!“ Er nimmt die Bundesstraße und versucht mir unterwegs permanent Angst zu machen, dass am Flughafen sicher eine lange Schlange wäre und ich dann eben meinen Flug verpassen würde! Dann fragt er mich warum ich im Gefängnis gewesen wäre und ich meine es wäre zu komplex ihm dies zu erklären – er lässt nicht locker und als ich es ihm erzähle, unterbricht er mich laufend mit dem Einwand das sei doch alles total gelogen!?! „Sir, lassen sie mich doch bitte einfach in Ruhe – ich bin genug provoziert worden“ ist mein müder Kommentar. Wenn ich frech werden würde, könne er mich sofort ins Lager zurückfahren! „Sie können mir keine Angst machen – inzwischen nicht mehr Sir!“„ Als er dann nach Xiaos Alter fragt und meint ich hätte wohl überhaupt keinen Skrupel, reicht es mir. Ich verliere jeglichen Respekt vor ihm und lass ihn das jetzt auch deutlich hören. „Nur weil in ihrem Land Wahrheit und Rechte mit Füßen getreten werden und die Geldgier so groß ist, dass es zu einem Pädophilen-Paradies geworden ist, sollten sie nicht davon ausgehen, dass alle Menschen so sind!“ Jetzt habe ich meine Ruhe!

Rechtzeitig vor Mitternacht am Flughafen angekommen, geht er mit mir wie selbstverständlich an der kleinen Warteschlange vorbei direkt zum Eincheck-Schalter – so viel dazu – die vor Geldgier dummdreiste Verlogenheit hatte ich, vorher im Auto, vergessen zu erwähnen!!! Als ich mein Gepäck und das Fahrrad aufgegeben habe (bei dem mir auffällt, dass ich meinen Fahrradsessel im Camp vergessen habe – muss wohl unter ein Bett gerutscht sein), geht es mit meinem nunmehr freundlich-zuvorkommenden Begleiter zum Flughafen-Büro der Einwanderbehörde.
Als ich da so sitze und auf meinen Pass warte, ruft plötzlich ein Mann vom Flughafengang herein: „Ha! Dich kenne ich! Ich weiß wer du bist!“ – er meint mich! Schnell springe ich auf und gehe direkt auf ihn zu (er erschrickt, wollte er doch wahrscheinlich mir Angst machen!) und sage ihm frech ins Gesicht: „Wenn sie mich kennen, dann sind sie einer der korrupten Lügner da oben!“ – und als er wütend wird, füge ich schnell und laut hinzu „wenn sie ein wenig Charakter haben und nicht nur eine große Klappe, dann geben sie mir ihren Namen – meinen kennen sie ja. Ich kann alle Namen da oben für die EU, die euch gutgläubig unterstützt, gut gebrauchen!“ Außer sich vor Wut entfernt er sich sehr schnellen Schrittes! Im Internierungslager hatte ich erfahren (nachdem mich das Schild „EU-subventioniert“ an unserem Gebäude interessierte), dass die EU nicht nur die Gebäudesanierungen gesponsert hat, sondern die Einwanderbehörde über 20 Euro pro Tag und „Gast“ bekommt – da die tatsächlichen Kosten der beschämenden Unterbringung und Verpflegung weit darunter liegen dürften, versteht sich von selbst, dass man über großen und lange dauernden „Besuch“ überhaupt nicht abgeneigt ist!!! Ich versuche eigentlich immer alle Menschen durch Mitgefühl und Verständnis zu verstehen/lieben – aber irgendwie scheint es seit dem Kidnapp-Versuch doch ein wenig (zu) viel für mich gewesen zu sein!
Als mein Reisepass nach Mitternacht endlich fertig ist, bringt mich „mein Abschiebe-Fahrer“ Richtung Gate. Unterwegs verrät er mir, dass auch er in der Führung der Einwanderbehörde gearbeitet hätte, aber von dieser furchtbaren Lügen-Korruption dort oben regelrecht krank geworden sei und deshalb jetzt nur noch Fahrdienst mache. Das Virus scheint aber leider noch in ihm, aber hoffentlich sagt er ja diesmal die Wahrheit, wäre schön weil er jetzt sogar noch meint, dass ich in Ordnung wäre! Wir umarmen uns zum Abschied und als ich am Gate stehe gibt mir meinen Pass mit dem „REMOVED“ Stempel.
Eine Stunde später sitze ich im KLM-Flieger gen Amsterdam und irgendwie kann ich es erst richtig glauben und mich entspannen, als wir in der Luft sind – gebranntes Kind… riecht schlecht! 😉

heimwärts zu meinen Eltern…

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ein letztes Mal vor den Richter…

…da es seiner Zustimmung für meine Abschiebung benötigt

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Am späten Vormittag (eigentlich war, wie schon ein paar Tage zuvor, der frühe Morgen geplant) holen uns (PaulFrank) schwerbewaffnete Polizisten für den Transfer zum Gericht im Lager ab. Als sie uns Handschellen anlegen wollen kann ich ihnen klarmachen, dass wir, wie sie ja hoffentlich wissen, nicht auf dem Weg ins Gefängnis sondern zu unserer Freiheit sind.

So geht es nun im Gefängnisbus zum 1,5 km entfernten Gangodawila-Gericht.
In der Schnellgericht- „Abstellkammer“ müssen wir (PaulFrank) bestätigen, dass wir die komplette „Rechtsprechung“ unseres Falles anerkennen, da er nur so abgeschlossen werden kann! Danach frage ich den Richter, ob ich noch etwas persönliches vorbringen dürfe (zum Schrecken des Anwalts) und als dieser bejaht: „Sir, ich möchte sie fragen ob ihnen bewusst ist, dass dieser Polizist (2 Meter neben mir – der mit dem Prügel auf Pauls Kopf…) sie mehrmals belogen hat – das letzte Mal als sie ihn bei der letzten Verhandlung am 5. Dezember fragten ob meine Freundin noch im Lager sei.“ Ich verstehe natürlich nicht was der Richter mit dem Polizisten spricht, aber er scheint ihn wirklich damit zu konfrontieren, weil dieser sich kleinlaut zu verteidigen scheint – und als der Richter sich wieder mir zuwendet setze ich fort: „Sir, ich sage ihnen dies nicht weil ich ihn wegen der dreisten Gefühllosigkeit seinen Mitmenschen gegenüber verurteile – sein Hass ist schon selbstzerstörend genug – ich sage es ihnen, da ich während dieses Albtraumes, den meine Freundin und ich in den letzten dreieinhalb Monaten in ihrem einzigartig schönen, kleinen Land erleben mussten, immer wieder mal auch herzlich mitfühlende Menschen treffen durfte, die versuchten gerecht und fair zu sein – die aber durch unehrliche Menschen denen sie vertrauten, sei es gewollt oder ungewollt, leider ein Werkzeug der Korruption und damit natürlich auch selbst unglaubwürdig wurden! So kann man sicher schwerlich einen weiteren materiellen und geistigen Verfall aufhalten. Da sie auch ein herzlicher und mitfühlender Mensch zu sein scheinen, wünsche ich ihnen, dass sie kein solches Werkzeug zu sein brauchen.“
Der Polizist versteht es natürlich nicht – denn es ist auch wieder kein Dolmetscher da! Er würde es sowieso nicht verstehen, da Hass und Angst ja bekanntlich blind machen – Augen und Verstand – blind für das Gute und für Not!
Unser Anwalt ist fassungslos wegen meiner Worte – denn so dreist-korrupt und geldgierig man hier auch ist, die Angst vor der (ehemals) gewaltig-korrupten Polizei und Justiz ist immer noch übermächtig. Doch der Richter hat mich wohl verstanden/gespürt – er lässt uns (Paul/Frank) gehen.
Er scheint wohl nicht, im Gegensatz zu vielen anderen Sri-Lankesen, einen „arroganten und geilen (weil ein junges Mädchen verführenden) Ketzer“ in mir sehen zu wollen/müssen! Nachdem ich mich vom Richter per Handschlag dankend verabschiede (hätte ihn gerne umarmt aber er ist, vielleicht zum Glück nicht aufgestanden) und der Anwalt (immer noch geschockt wegen meiner für ihn Dummdreistigkeit) verächtlich meint er würde in den nächsten Tagen wegen der Bezahlung im Lager vorbeischauen, geht es, mit der Vorfreude auf meine baldige Freiheit (Abschiebung nach Deutschland – da ich einen deutschen Reisepass habe), im Gefängnisbus zurück zum nahen Abschiebelager.


Zurück im Lager heißt es für mich jetzt hoffen, dass meine Abschiebepapiere (wie vom Richter versprochen) spätestens am nächsten Tag bei der Migrationsbehörde sind.
Der junge, schüchterne Pakistani Alyoush (hier auf dem Bett mit unserem chinesischen Lagerkollegen), der mir mein ehemaliges Bett überlassen hat und zunehmend mehr Vertrauen zu mir findet, bucht gerade einen Flug um in die Heimat abgeschoben zu werden.
Das lieblose, dürftige und einseitige Reis-Essen stößt vor allem den Mitbewohnern auf, die schon viele Monate hier sind und deshalb landet es nicht selten in der Mülltonne vor den Toiletten – ganz zur Freude der Hunde und Ratten oder am Gitter für die Streifenhörnchen.
Immer wieder gehe ich ins Büro des neuen Lager-Officers und bitte ihn doch nochmals wegen meinen Abschiebepapieren nachzufragen. Als dann der Rechtsanwalt kommt und sein „Honorar“ möchte, sage ich ihm, dass sein Auftrag für mich natürlich nicht abgeschlossen ist, solange meine Papiere nicht kommen und frage ihn auch warum der Herzstein und die Wildrose, die ich ihm am 28.11. in der Gerichtszelle für Xiao gegeben hatte, nicht bei ihr angekommen sind. Da wird er wütend und schreit beim Weggehen ausfällig beschimpfend, dass ich das blöde Geld behalten solle.
Tags darauf wirft mich der neue, herzliche Lagerofficer wütend aus dem Büro, weil ich nicht locker lasse wegen meinen Papieren. Später lässt er mich wieder rein und gesteht mir verzweifelt, dass er auch nicht wisse was los sei denn es wäre alles sehr sonderbar in meinem Fall. Da umarme ich ihn herzlich und sage ihm es täte mir leid, dass er wegen der Korruption seiner Chefs so leiden müsse. Kurz darauf bittet er mich schnell hinaus, da sein oberster Chef käme! Diesen fange ich später vorm Büro ab um ihn zu fragen ob er wisse, dass man da oben Informationen über mich an unberechtigte Menschen (Aroshas Name erwähne ich nicht) weitergeben würde? Das interessiere ihn nicht, meint er herablassend. „Mich aber sehr und die EU eure Arbeitsweise bestimmt auch, wenn ich nicht bald hier raus komme!“ reagiere ich – und als ich ihn nach seinem Namen frage, rastet er total aus! Mehrfach schreiend, dass man seinen Namen nicht bekommen könne, verlässt er schnell das Lager. Es tut mir weh, diesen Menschen in ihrer Not aus dummdreister Korruption und Geldgier auch noch drohen zu müssen – aber es scheint das Einzige zu sein was hilft, denn…
…am nächsten Tag sind dann wider erwarten plötzlich meine Papiere komplett und fertig, so dass ich meinen Flug buchen kann – für den 24.01. um 2 Uhr morgens von Colombo via Amsterdam nach Stuttgart.
Am übernächsten Tag erlaubt mir der herzliche Lagerofficer sogar alleine das Lager zu verlassen um mich noch ein wenig auf dem Polizeigelände ums Lager umzusehen. So sehe ich zufällig (und verstehe nun), dass die Officers sich Fleisch aus dem Feuertopf in der schäbigen Küche holen, bevor die Reisportionen mit nur noch ein wenig Soße fürs Lager in Zeitung gewickelt wird.

die letzte korrupte Dummdreistigkeit…