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Erfahrungen

dem Tode nah…

…wird meine dritte Vorstart-Intuition wahr

Hier zur gesamten Radtour

Alles zusammen- und aufgepackt trete ich mit letzter Kraft, halb im Delirium die leichte Steigung die Stadt hinaus Richtung nächstem Pass.
Die Vororte und Mautstelle passiere ich wie benebelt im leichten Bergauf-Kriechtempo.
Nach 5 Kilometern an einem Truckstop merke ich, dass nichts mehr geht – totaler Schwächeanfall!!!
Geraume Zeit kauere ich wie ein Häuflein Elend im Truckstop-Restaurant und dann bietet mir der Angestellte sein Bett in der Nebenbaracke zum Ausruhen an – ist mehr Koma – bin so schwach dass ich nur schwankend etliche Male die 30 Meter zum Toiletten-Loch auf der anderen Seite des Restaurants komme!
Unter leichtem Schüttelfrost schlafe ich ein und als man mich zum Wegschicken weckt, glaube ich es wäre schon der nächste Morgen – aber es ist erst Abend.
Man weist mir zurück in Richtung Stadt und deutet dass in meiner Fahrtrichtung keine Schlafmöglichkeit mehr komme.
Trotzdem wähle ich nicht (zurück in) die Stadt und im einsetzenden Dunkel radle ich, halb im Delirium, weiter und hoffe, dass ich irgendwo und -wie noch das Zelt aufgestellt bekomme…
… zur großen Gnade fällt mir (in the middle of nowhere und auf 3100m Höhe) schon nach einem Kilometer wieder ein Truck-Stop mit „Motel“ zu, wo ich in einem kleinen 3-Bett-Zimmer ein Bett für mich neben meinem Bike bekomme.
Die nächsten Tage und Nächte pendle ich zwischen Koma-Bett und stehend über einem der 3 weitentfernten Klolöchern auf der anderen Seite des großen Truck-Hofes.
Dazwischen versuche vor meinem Zimmer so viel Sonnen-Energie wie möglich zu tanken – unendlich dankbar für „meine“ Intuition nicht in die Stadt zurückgeradelt zu sein.
Inzwischen bin ich nun schon 10 Tage mit Durchfall hier – zumeist im Bett oder über den Klolöchern.
Nachdem ich in den ersten Tagen sogar noch die 3 Schläuche geflickt (das Hinterrad hat in letzter Zeit auch immer bisle Luft verloren) und (Hand-)Wäsche gewaschen habe, kann ich seit einigen Tagen das rechte Bein nicht mehr richtig gebrauchen, da der Unterschenkel sehr stark schmerzt sobald er tiefer ist als der restliche Körper – was vor allem beim langen Weg zum und dem langen Stehen überm Toilettenloch besonders anstrengend ist.
Mittlerweile ist natürlich auch meine verbleibende China-Visum-Zeit auf 10 Tage geschrumpft, so dass an ein Erreichen der immernoch knapp 2000 (viel-und Hoch-Gebirgs-)km entfernten Vietnam-Grenze aus eigener Kraft nicht mehr zu denken ist.
Selbst die 800 km bis zum nächsten großen Flughafen in Chengdu (für Flug nach Vietnam, heim oder…) werden schwierig!
Da mich gestern der tibetische Restaurant-Angestellte, mein Zimmer-Nachbar und (wie alle hier nichtenglischsprechenden) Freund unter Schmerzen zum Geld abheben (um das „Motel“-Bett und -Essen bezahlen zu können) nach in Hezou gefahren hat und ich nach 5 Versuchen in der ganzen Stadt schlussendlich Geld ziehen konnte… und das heutige 2-km-Proberadeln zum anderen Truckstop unerwartet gut ging… und der Durchfall a bisle besser zu werden scheint… und der Lebensfreude-Funke mittlerweile auch auf die Truck-Stop-Besatzung übergesprungen ist (die sogar, mit Xiao`s Übersetzungshilfe, versucht für mich fettarmer zu frittieren und weniger (extrem)scharf zu würzen… gedenke ich morgen weiterzuradeln.
Nix ist`s mit weiterradeln!
Nach einer schmerzvollen Nacht ist am Morgen der Fuß dick geschwollen und zum manchmal auftretenden, leichten Seitenstechen auf der rechten Nieren-, Rücken und Brustseite ist nun ein rechter Lungen-Schmerz beim tieferen Atmen, Husten oder Aufstoßen dazugekommen!?
„Zu-fällig“ kontaktiert mich mein Freund und Arzt Manfred aus Deutschland via Whatsapp (gerade als ich wie bei meiner Bienenstichallergie 1988 angstfrei spüre, dass mein Zustand lebensbedrohlich ist)
Also fährt mich mein lieber Tibet-Freund gleich am Morgen vom Truckstop ins große Krankenhaus nach Hezuo wo mir die Ärzte (via Gesten und ein wenig englisch-sprechenden Passanten) mitteilen, dass es sehr gefährlich ist und ich schnellstmöglich in ein Großstadt-Krankenhaus müsste da man mir hier nicht helfen könne (ich habe das Gefühl das man(n) auch nicht wirklich will (wer nichts tut kann nichts falsch machen – wenn Angst lähmt und gefühllos macht!!!)
Mitten im Rummel der inzwischen vielen Schaulustigen Besuchern und Patienten legen sie mir einen Druck-Verband an und würdigen mich weiter keines Blickes.
Eine Krankenschwester scheint etwas Mitgefühl zu entwickeln/zuzulassen und bestellt mir den Fernbus ins 700km entfernte Chengdu für den übernächsten Tag, weil es anscheinend nur dort in einer Privatklinik Thrombosemedizin gibt?!
Der herzliche junge Mann (Bildmitte) der hier seinen, nach einem Unfall lange schon, schwerkranken Vater besucht hilft mir viel bei der Kommunikation.
Bevor wir zum Truckstop zurückfahren verspricht der junge Mann mir noch sich darum zu kümmern, dass der Fernbus mich übermorgen am Truckstop aufnimmt und der Busfahrer mir für den Weg zum richtigen Krankenhaus hilft.
Zurück im Truckstop meldet sich mein Arztfreund Manfred wieder und als ich ihm erkläre, dass es im Umkreis von mehr als 500 km keine Thrombosemedizin gibt und wie der Druckverband aussieht meint er das könnte wohl nicht sein und ob die wahnsinnig seien da der Druckverband ohne Fuß desolat und absolut lebensgefährlich sei.
Also lege ich ihn mir inkl. Fuß nochmals an und am nächsten Morgen fährt mich ein anderer Truckstop-Bekannter nochmals zum Krankenhaus nach Hezuo.
Dort treffe ich nochmals den herzlichen jungen Mann und nachdem wir im ganzen Krankenhaus vergeblich nach besserer/kompetenterer Hilfe suchen, darf ich mit ihm noch seinen schlafenden Vater besuchen und diesem energetisch und finanziell helfen. 
Danach organisiert mir mein wundervoller Fahrer in der Stadt noch einen Verpackungskarton fürs Bike und ausreichend Reiseproviant.
Zurück im Truckstop verpacke ich, mit vielen Pausen wegen erheblicher Bein- und Brust-Schmerzen mein Rad im großen Fernseh-Karton (nachdem ich stundenlang mit den total festsitzenden Pedalen zu kämpfen habe) und die gesamte Ausrüstung in meinen großen und kleinen Rucksack.

Nach einer schmerzvollen Nacht und nachdem ich meine 60kg-Ausrüstung an den Straßenrand geschleppt habe, warte ich auf den Fernbus der mich hier um 8.30 Uhr (auf seiner Strecke ins 720 km entfernte Chengdu) aufnehmen soll.
Und er kommt tatsächlich, wenn auch erst eine knappe Stunde später.
Jetzt sitze ich (nach 12 Tagen Truckstop-Motelzimmer) im vollen Bus bei dem natürlich „zu-fällig“ die ganze hintere Sitzbank (für meine Fuß-Hochlage auf der 13 Stunden dauernden Fahrt) noch frei ist. Leben… weiß und sei Dank – es darf machen mit mir was es für mich geplant hat – bin für alles bereit – „Heimweg“ (Tod oder Deutschland) oder weiter mit der Tour – oder…
Es geht über mehrere 4000-er Pässe – gut dass Leben mich nicht weiterradeln lassen hat – hier mit Thrombose und Lungenentzündung wäre mehr als spannend geworden.
Während Hochgebirge und -ebenen, Siedlungen, Touristencamps und Yaklager an mir vorbeiziehen erfreue ich mich an meinem Reiseproviant (viele, viele Früchte und mehr…) mit großem Appetit – schwer vorzustellen dass (Frange-)man trotz dem Himmel so nah sterben kann. Fühle mich (trotz in Lebensgefahr) dem Himmelerstaunlich freudig und gut und sauge in seeligem Zustand bei der Mittagsrast in Zoige auf dem Boden vor dem Restaurant
sitzend die Sonnenergie auf.
Nach knapp 400 km und 3500 m Abfahrt kommen wir um 22 Uhr planmäßig am Bus-Terminal in der Millionenstadt Chengdu an. Wider allen Zusagen bei der Bus-Buchung lassen mich die 2 Busfahrer hilflos mit meinem schweren Gepäck stehen und verschwinden mit dem Bus im bewachten Hinterhof. Spätestens da wäre ich ohne mein Vertrauen ins Leben sicher zusammengeklappt!
Ein Mann sieht mich vor Schmerz und Müdigkeit zusammengekauert (`bin zu kaputt um die paar Meter bis zur Straße zu gehen) auf meinem Gepäck sitzen und ruft ein Taxi nachdem ich ihm den Zettel mit dem Namen der Privatklinik gezeigt habe.
Der junge Taxifahrer der wegen meinem riesigen Gepäck eigentlich nicht will, macht mir dann sogar einen guten Preis und als wir das Gepäck irgendwie doch in die kleine Limousine bekommen und durch die Stadt unterwegs sind, bemerke ich, dass mein Fotoapparat fehlt – muss noch im Bus sein!
Also zurück zum Busterminal – wir finden den Bus aber die Fahrer sind schon im Hotel und der Nachtwächter will/kann/darf sie nicht kontakten.
Nach einer halben Stunde mit gescheiterten Versuchen via Not-Öffnung in den Bus zu gelangen kommt einer der Busfahrer und ich finde meine Kamera – sie war in die Sitzritze gerutscht.
Es ist kurz vor Mitternacht als wir nach der Taxifahrt durch die halbe Stadt endlich vor dem verschlossenen Haupteingang der „Chuanshu Angiopathy Hospital“ Privatklinik stehen!?!

plötzliche Genesung…

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