7 Wochen nach dem Start auf meine ungeplante Radtour, hat sich also mit der Mongolei tatsächlich die erste meiner Vorstart-Intuitionen erfüllt – und erst jetzt wird mir bewusst, dass es mit dem Rad außer zurück nach Russland nur noch über China weitergeht – zum Glück weiß Leben und kann…
Am zweiten Tag in der Mongolei Richtung Süden und Hauptstadt verspüre ich plötzlich einen starken Wunsch, das Leben der Schafnomaden zu erfahren und 3 km später fällt mir eine Nomadenfamile beim Schafscheren zu mit der ich freudig arbeitend und essend 2 Tage um und in ihrer Ger verbringen darf.
In Darzan lädt mich ein Hauptmann kurz vor einem unvorhersehbaren Überschwemmungsregen zu unbefristeter Unterkunft in einer Armeewohnung ein inkl. Verpflegung von seiner Frau und Tochter.
Nach 2 Nächten radle ich weiter über mehrere Gebirge bei denen die mir folgenden, nächsten Wolkenbrüche „zufällig“ nur und genau in der Zeltnacht auf (m)einem Berg und am nächsten Tag in einem abgelegenen Rasthof auf einem Pass niedergehen.
Als der überlange Schaltzug kurz vorm Durchreißen ist und ich auch wegen schwindender Kraft schon an einer geringen Steigung schiebe, hält ein Auto. Es sind Agi und seine Frau die mich samt Bike im Geländewagen die restlichen 60 km bis zur Hauptstadt mitnehmen…
In Ulaanbaatar verhilft mir Agi zum Taiga-Hostel neben seiner Samsung-Generalvertretung und bringt mich mehrmals wegen Visum zur chinesischen Botschaft. Dort muss das Leben wiederum WUNDERn denn eigentlich ist ein Visum alleine und mit Rad nach China laut Botschaftsbeamtin „abslut unmöglich“ – aber nach wiederholtem, ungläubigen Fragen ob ich wirklich von Schweden gestartet und alleine sei genehmigt sie mir sogar ein 60-Tage Visum.
Auf dem Schwarzen Markt finden ich mit Agi zu-fällig (die einzigen) 2 Schaltzüge die exakt passen!?
Im Hostel bittet mich die Chefin kostenlos länger zu bleiben, damit sie beruhigt mit ihrer Familie in Urlaub kann.
2 Tage darf ich mit Agi’s Eltern in und um deren Ger-Wochenendhütte verbringen und danach noch das Fußball-Europameisterschafts Viertelfinale Deutschland-Italien in deren Hausger schauen.
Danach darf ich mit Agi und seinem Bruder Sonnenaufgang auf einem Gebetsgipfel erleben.
Die Visumfeier und unsere zum Halbfinale und Finale organisierten Publik-Viewings erlebe ich mit Agi und dem Hostel-Freund Tobias aus Australien bis Sonnenaufgang auf dem Dachterrassen-Pub.
Durch Tobias fällt mir das traditionelle Nadaam-Festival statt im Stadion hautnah in der Natur zu.
Agi’s Schwägerin darf ich bei mentalen Problemen helfen, nachdem er sich mehrmals über meine innere Kraft und heilenden Einfluss auf Menschen wundern durfte. Ebenso einer Hostel-Bekannten die mir ihre mentale Not anvertraut.
Nach 16 Tagen in und um Ulaanbaatar breche ich auf zu den gut 700 km bis China durch die Wüste Gobi – ohne Pass, da das Visum noch nicht fertig ist, aber Agi verspricht mir ihn an die Grenze nachkommen zu lassen.
Jonny, der fast 30 Jahre jüngere Radreisende Engländer, traut sich mit und wegen mir auch durch die Wüste und möchte dabei mehr über mein Vertrauen ins Leben erfahren.
Nach den ersten 90 km durch die Gluthitze legt sich Jonny, zu kaputt zum Weiterradeln, vor den Kaufladen eines Wüstendorfes, wodurch wir von einer jungen Mongolin in ihre freie Wohnung eingeladen werden – zufällig genau vor einem unerwarteten verherenden Gewitter-Sandsturm. Später am Abend kommt sie mit ihren Eltern mit kulinarischen Spezialitäten zum gemeinsamen Nachtessen.
Am nächsten Tag quält sich Jonny schon ab Mittag auf dem glühenden Wüsten-„Highway“, wo nicht selten Autos am Straßenrand notrepariert werden. Auch unsere Kamel-Premiere frischt meinen jungen Freund nur kurzzeitig auf.
Nach einer ruhigen Wüstennacht in unseren Zelten kommt zur Hitze auch noch der von meiner Wetterapp vorhergesagte starke Gegenwind, so dass Jonny trotz meines ständigen Windschattens den Zug für die verbleibenden knapp 450 Wüsten-km bis China wählt, nachdem er mich wütend fragt: „Wie kannst Du selbst bei diesem fu… sh… nur deine Freude behalten?“ „Leben/Natur ist mein Freund und so versuche ich natürlich auch den Wind und die Hitze zu sehen – und falls absolut nicht anders möglich, sie wenigstens keinesfalls zu hassen und dabei die Liebe/Dankbarkeit über das bisherige WUNDERnvolle Abenteuer zu vergessen – das ich, im Gegensatz zu den Menschen die hier leben müssen, frei gewählt habe.
Nach herzlicher Verabschiedung von Jonny, alleine mit Hitze und Gegenwind on the road again, zieht nach ein paar Stunden ein schweres Gewitter auf, dem ich mitten in der menschenleeren Wüste natürlich ausgeliefert wäre – wenn ich mich nicht zu-fällig, am Fensterholm eines Autos klammernd, mit 70 km/h bis zur nächsten Wüstensiedlung ziehen lassen könnte.
Gerade als Bike und ich in einem Haus sind, beginnt draußen ein schwerer Gewitter-Sandsturm – das wäre wahrscheunlich das Ende von Bike und damit Tour gewesen. Hier bekomme ich Essen und Schlafplatz und darf den herzlichen Bewohnern energetisch helfen.
Nach guter Nacht und herzlicher Verabschiedung am frühen Morgen, ist flotte Gang-, ne Radlart bei Windstille angesagt doch schon lange vor Mittag herrscht wieder Wüste(r) schattenloser Glutofen und so geht bereits zu Mittag mein Wasser zur Neige.
Durch einen Sandweg abseits des Wüsten-Highways fällt mir eine Eisenbahnarbeitersiedlung zu, wo ich herzlich aufgenommen und aufgepeppelt werde, sowie beim Ger-Aufbau und Ziegen-Schlachten – inkl. Schlachtplatte die ich zu ihrer Verwunderung und Freude mit ihnen nach dem Abenessen direkt aus Blechschüsseln auf dem Küchenboden genieße.
Nach viel Freude beim Hochprozentigem, darf ich auf der Couch neben den auf dem Boden schlafenden Arbeitern übernachten.
Nach einer kurzen Nacht (bei laufendem Fernseher) und herzlicher Verabschiedung vor Sonnenaufgang, bin ich schon zu Mittag so am Ende, dass ich mich frage wie mich das Leben wohl die restlichen gut 200 km bis zur Grenze vor Ablauf meiner 30 möglichen Mongolei-Tage schaffen lässt… und plötzlich sehe ich ungläubig (halb im Delirium und mitten im Wüsten-Nirgendwo) in der gleißenden Sonne zwei Gestalten an einer schwarzen Limousine am Straßenrand lehnen?!?… und obwohl ich eigentlich nicht anhalten möchte, drängen die 2 jungen Männer mir regelrecht auf, mein Rad in den Kofferraum zu zwängen um mit ihnen bis zur Grenzstadt zu gelangen – ich muss furchtbar bemittleidenswert ausgesehen haben!
Klimatisiert mit kühlem Getränk, herzlichem Gespräch sowie Tränen aus Freude und Dankbarkeit zieht so die lebensfeindliche schöne Wüste wie im Traum an mir vorbei.
Leben, Du bist der Hammer!!!
Nachdem sie mich unterwegs an einer tank Stelle noch zu Eiscreme und ich sie zum Spiel mit meinem Frisbee eingeladen habe kommen wir in der Grenzstadt Zamyn-Uud an. Dort werde ich von ihnen in ein Restaurant eingeladen und sie organisieren mir noch ein günstiges Mehrbettzimmer im Hotel neben dem Bahnhof.
Am nächsten Tag kann Agi in der Hauptstadt meinen Pass mit Visum abholen und möchte ihn mir durch eine Bekannte in den nächsten Tagen zukommen lassen, damit ich dann mit dem Zug die Grenze passieren kann.
Wie sich aber herausstellt, ist der Zug mit Fahrrad von hier aus nicht möglich und so kommt Agi mit Bruder, Freunden und meinem Pass (inkl. dem 60 Tage China-Visum) im Auto kurzerhand über Nacht die gut 700 km von der Hauptstadt und begleiten mich durch einen Schleußer im Geländewagen (Bike komplett aufs Dach gelegt!) über die Grenze, um dort billige China-Ware einzukaufen und mich bei meinen ersten Schritten im Reich der Mitte zu unterstützen.
Das „absolut unmögliche“ wurde möglich – ich bin mit dem Bike ohne Reisegruppe und Einladung in China!
Danke lieber Agi und liebes Leben, Ihr seid der Überhammer!!!