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Erfahrungen

die Luft bleibt dünn…

auf der (Tor)Tour Richtung Dach der Welt – nun ständig zwischen 3000 und 4000 m Höhe

Hier zur gesamten Radtour

Nach guter Nacht im Zeltlager bei den tibetischen Cowboy-Familien (bei der ich nicht wie geplant frühmorgens von meiner lieben, jungen Dolmetscherin geweckt wurde?!) und einem ebensolchen Frühstück, verabschiede ich mich von meinem herzlichen Gastgebern

Nach 10 km rasender, nebelkühler Abfahrt sehe ich sie plötzlich vor mir – die Cowboy-Mama ihre Herde treibend neben der Straße – und ihre Tochter auf dem Motorrad – nun kann ich mich auch bei ihnen gebührend bedanken und mit einer herzlichen Umarmung verabschieden.. Danke liebes Leben… dass ich sie nochmals treffen durfte.
Nach weiteren 8 km mit nur noch ganz leichtem Gefälle in der Hochebene auf 3100 m angekommen, habe ich an einer Tankstelle endlich Mobil-Empfang und kann mit Xiao Kontakt aufnehmen, die sich die ganze Nacht große Sorgen gemacht hat!
Mit der Gluthitze sind auch die Autobahn und Paparazzi wieder da – wie schon hunderte Male seit ich in China bin. Zuerst fahren sie minutenlang zum Fotografieren und Filmen nebenher und dann bringen sie sich weiter vorne nochmal und manchmal sogar hintereinander in Stellung – und wenn sie meine Geschwindigkeit unterschätzt haben das Ganze noch einmal (in diesem Fall sogar noch 2 Mal!) – Außelchinesischel mit UFO!!!
Der Chakayan-Salzsee („Himmelsspiegel des Ostens“) ist wie auch der Qinghai-Salzsee ein echter Touristenmagnet – wahrscheinlich kannte unter den im Gebiet Reisenden nur ich ihn nicht, da ich ja komplett ohne Plan und Ziel – mit Leben… als Reiseführer unterwegs bin. Leider mache ich keinen Abstecher runter zu/auf ihn – was sich gelohnt hätte, wie man auf dem mittleren Bild vom Internet sehen kann.
Also radle ich statt runter zum Salzsee weiter auf der G109 nach Chakazhen, wo ich bei der Gluthitze vergeblich versuche in der ganzen Stadt einen funktionierenden Bankautomaten zu finden…werde aber dann (wie als Entschädigung) später vor dem „Restaurant des Schweinskopfborstenbrenners zum Essen eigeladen – und dann kauft mir jemand sogar Adidas Sportsocken, nur weil meine großen Zehen sich in den, vor ein paar tausend Kilometer in Sibirien gekauften, natürlich Luft verschafft haben.
Dann wollen sie vor Mitleid sogar noch das Bike und mich mit ihrer Busgruppe mitnehmen – aber es ist anscheinend nicht in Lebens…Plan für mich, denn ihr Busfahrer erlaubt es nicht!
Als ich mich aufraffe vom Sonnenschirm des Restaurants wieder weiter durch die Hitze zu strampeln, habe ich auf der 10-km-Geraden das Gefühl als würde sich alle Hitze zwischen überquertem und kommenden Gebirge gegen mich vereinen.
Nach 20 km der einzig mögliche Schatten zur Erholungsrast zwischen G109 und Autobahn
Freudige Kamel-Begegnung auf der ewigen Geraden durch den Glutkessel. Sie fühlen sich natürlich wohl in dieser Hitze – haben ja auch nicht die nächsten 4000-er Pässe vor sich.

Und dann der Aufstieg von 3000 auf 3700 Meter – in dieser Hitze!
Selbst die Lastwagen schleppen sich hier so langsam hoch, dass ich mich an einen hängen kann – aber leider muss es dem Fahrer ein Überholer gefunkt haben, denn er hält an und verscheucht mich.
Geschafft – grandiose Panoramen als Entschädigung für die enormen Strapazen die 140 kg Gesamtgewicht von einer Hochgebirgskette zur anderen hochzutreten. Erst als es wieder leicht runter geht, bekomme ich Beschattung von ganz oben – aber zum Glück geht es nicht weit runter… denn nach 20 km 3500-er-Hochebene geht es nochmals hoch auf 3700 m – und der Himmel kündigt Entladung an!
Beim ersten Gebäude seit Chakazhen (65 km) halte ich an – nach gut 120 Tages-km, einem endlosen (Höllen)Tal“ und fast 1000 Höhenmetern, darf es genug sein, zumal es stark nach Gewitter aussieht. Den Carport der Verkehrspolizei in the Middle of (mountain-)nowhere darf ich für Liegematte, Schlafsack und Bike benutzen, nachdem ich es dem Wachhabenden mit Händen und Füßen irgendwie erklären konnte und den Betonboden notdürftig aufgeräumt und gefegt habe – und sogar Tee bekomme ich noch.
Da ich mein Bike noch nie abgeschlossen habe, werde ich diese Nacht (sooo gut bewacht) wohl auch nicht damit anfangen.
Als es dunkel wird, gibt es schon starke Wetterleuchten und dann gewittert, stürmt und regnet es mitten in der Nacht wie aus Kübeln, so dass das Wasser das geringe Dachgefälle meines Polizei-Carports hinaufwandert und über die Blech-Überlappungen den Weg zu meinem Schlafplatz findet und mich weckt – zwei Mal muss ich mit meinem Schlafplatz aus einer Pfütze weichen – aber d’r Bub blieb trocken (GoreTex-Schlafsack von der (geplanten) Mittelmeerumrundungs-Motorradtour 1987!!!)
So bin ich (nicht richtig ausgeschlafen) nach einem neuerlichen Tee vom Carport-Polizisten und kleinem Aufstieg wieder unterwegs auf der nächsten 40 km Hochebene auf 3800 m, wo sich die Wolken mehr und mehr lichten und einen tollen Himmel über mir und dem entgegenkommenden dreirädrigen Cabrio-Schulbus zaubern.
Jedesmal wenn sie ein wenig längeren Schatten in der Gluthitze versprechen, versuche ich mich ein wenig zu erholen – der dünnen Luft anscheinend immernoch nicht richtig bewusst.
Wieder unten auf 3200 m radle ich durch die riesige Hochebene vor Dulan an einer leuchtenden Mosche vorbei und dann endlich unter Schattenspendenden Bäumen.
Nachdem ich mich an dem mehrere Kilometer langen (bis durch die Stadt reichenden), zweireihigen LKW-Stau (wegen Kontrolle vor/für Tibet) im Zickzack durchgeschlungen habe, finde ich nun endlich auch (nach einigem Suchen und drei Tagen ohne Geld) einen Bankautomaten der meine Maestro-Karte akzeptiert – und gönne mir eine Nudel-Mahlzeit in einem Straßen-„Restaurant“.

Gestärkt und geruht sowie den LKW-Stau hinter mir gelassen, geht`s weiter durch die Hitze – dem nächsten Bergpass entgegen.
Dann darf ich mich ein paar Kilometer an einen jungen Motorradfahrer aus Tibet hängen, der aber leider noch vor dem Aufstieg zu seiner Arbeitsstelle abbiegt. Als es hinauf geht, gibt es zu der Hitze und Anstrengung auch noch den Ruß der vielen LKWs. die mich jetzt überholen.
Langsam und stetig geht es wieder hinauf bis fast 4000 m. Wenn es mal kurz leicht runtergeht, kann ich durch die leicht kühlende Fahrtluft die grandiose Landschaft in vollen Zügen genießen – aber es kommen hinter mir auch immer mehr der LKWs vom Kontroll-Stau.
Welch eine Gnade, wenn ich durch die Wolken den Sonnenhut mal eine Weile abnehmen kann. Sobald Aussicht auf etwas längeren Schatten besteht, mache ich Erholungsdelirium-Rast – einmal sogar auf dem Meter zwischen G109 und Autobahn,  die auch über das Gebirge führt – was für ein Wahnsinn, dass sie fast nicht benutzt wird.
5000-er Berge rings um mich herum und so weit das Auge reicht – eine grandios-karge Hochebenen-Landschaft.
Nach geraumer Zeit auf 3500 bis 4000 m Höhe und endlos vielen LKWs die mich überholt haben, geht es dann stetig bergab bis Xiangriezhen auf 3000 m. Nach der langen Abfahrt mit fantastischem Tibet-Panorama, gönne ich mir dort zwei Fruchteis.
Durch die großflächige, oasenartige Landwirtschafts-Ebene des Xiangride-Flusses radle ich allmählich dem Sonnenuntergang entgegen. Nach einem letzten kurzen, deftigen Anstieg und gut 140 Tages-km finde ich auf 3200 m und ein wenig abseits der G109 mein Nachtlager – mit grandiosem Blick über das hinter mir liegende Hochtal und auf die zuletzt überquerte 5000er-Bergkette sowie guter, ausgewogener Energie – kein Wunder bei dem mir „zu-gefallenen“ Yin-Yang-Stein-Platz.
Lange noch genieße ich die unvergessliche Aussicht und dann bei Einbruch der Dunkelheit die starken Wetterleuchten rings um mich herum. Und wieder einmal – erst als ich im Schlafsack liege beginnt es zu tropfen – danke liebes Leben…

rien ne va plus…

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