…mit meiner Seelenschwester Xiao in ihrer Uni-Stadt Tianjin – ABER…
Nach der zweiten guten Zug-Nacht laufen wir vor Sonnenaufgang in Tianjin ein.
Ein herzlicher junger Mann, den ich am Vorabend im Zug kennenlernen durfte, hilft mir beim Gepäck-Schleppen vom Bahnsteig zum Taxi.
Kurz nach Sonnenaufgang ist der Verkehr der 15-Millionen-Stadt noch passabel.
Da es viel zu lange dauern würde den Weg durch das Zentrum zu nehmen umrunden wir es – so kann ich die Mega-Stadt auf dem Ring von Norden, Osten und Süden aus dem Taxi bestaunen.
Als der Fahrer mich vorm Eingang abgesetzt hat und ich eingecheckt habe, geht es hinauf in den 18. Etage. Vor dem Auspacken und häuslich Einrichten (mit ein paar vor dem Hotel gefundenen, abgeknickten Blumen) erst mal das Panorama vom Bett aus über die Skyline und zur Olympiahalle bestaunen, bevor ich in 2 Std. wie ausgemacht Xiao zu Fuß (um den Wasserpark herum) vor ihrer ca. 4 km entfernten Uni abholen werde.
Auf der anderen Seite des Wasserparks angekommen genieße ich den Blick zurück zu „unseren“ Hochhäusern.
Lange warte ich in Sichtabstand vor dem Uni-Eingang bei der Straße die zum See führt – wie ausgemacht.
Zuerst verzögert es sich bei Xiao so dass ich sogar aufs Uni-Gelände gehe und dort im kleinen Studenten-Supermarkt esse.
Danach finde ich in der Nähe ein Hotel um das w-LAN für den Kontakt mit Xiao zu nutzen. ‚Als sie dann endlich fertig ist, müssten wir uns nach unseren gegenseitigen Beschreibungen eigentlich sehen und schon getroffen haben?!
Erst als ich die Straße entlang vom Uni-Eingang entferne sehe ich Xiao endlich – sie wartet aufgelöst und mit ihrem Vater am Telefon sprechend vor dem Haupteingang – auch wenn dort keine Straße zum See führt.
Nach Xiaos anfänglich sehr schüchterner Wiedersehens-Freude wegen der Angst jemand könnte unser Treffen vermuten, gehen wir mit ihrem prallgefüllten Koffer dem Wasserparks entlang zu unserem Hotel.
Wir genießen uns in und die Aussicht aus unserem Appartement
So sind wir total unerwartet auf unglaubliche Weise nach 2 Monaten wieder vereint – Leben weiß und kann!!!
Wir erkunden die Umgebung, essen an unserem Lieblingsstand, besuchen das Olympiazentrum und genießen das Leben und/mit einander.
In den letzten 3 Tagen haben wir via Internet Visum für Sri Lanka (wo Xiao zuvor im Sommer als Volontär schon war, die erste Auslandsreise ihres Lebens, die ihre Mutter ihr nicht mal gönnte – wie auch zuvor ihren ersten Freund)!) und Flüge dorthin für den 7. Oktober gebucht, weil Xiao sich entschieden hat nach der Semesterwoche nicht mehr in die Uni zurückzugehen.
Wie es dann weitergehen soll?! Leben weiß und kann!
Am Abend des 4. Oktober meint Xiao, dass irgendetwas mit ihren Eltern nicht stimme und sie hoffe, dass sie nicht schon auf dem Weg hier her seien!?
Und dann tauchen am nächsten Abend plötzlich Xiaos Eltern (samt Onkel und Tante – alle 800 km via Zug von Baotou angereist) mit Polizisten sowie Xiaos Uni-Freundin Zara und deren Dozentin in unserem Hotelzimmer auf.
Man behandelt mich wie einen Verbrecher und ihre Mutter greift mich sogar tätlich an. Als die Polizisten jedoch sehen/spüren, dass alles zwischen uns in Ordnung/Liebe ist, machen sie den Eltern klar, dass sie Xiaos Entscheidung zu akzeptieren hätten, da sie schon lange volljährig sei! Auch Xiaos Freundin und Dozentin scheinen mein Herz und unsere Liebe nun zu spüren, nur die Eltern beruhigen sich erst am späten Abend etwas, nach mehreren Stunden Gespräch mit viel Misstrauen und Beschuldigung.
Sehr früh am nächsten Morgen stehen sie allerdings schon wieder in unserem Hotelzimmer. Beim folgenden Gespräch bin ich ganz herzlich aber auch schonungslos offen und lasse sie (durch Xiaos Übersetzung) wissen, dass ich ihre Angst und Not sehr gut verstehen kann (da mich das Leben seit vielen Jahren darin ausbildet und zu solchen Menschen führt – meine Berufung) und traurig bin weil ich spüre, dass diese Angst und Not schon sehr viele Jahre auf ihnen lastet und sie beide (sowie mehr und mehr auch ihre 3 Töchter) langsam aber sicher körperlich und seelisch krank daran werden. Xiaos Vater umarmt mich daraufhin herzlich. Als ich auch ihre Mutter umarmen möchte, weicht sie zurück und blickt aus trüben angstvollen Augen, voller Hass auf mich. Sie scheint große psychische Probleme zu haben und ihr Herz schon sehr lange verschlossen zu sein. Ein tiefer Hass auf Gott und die Welt, auf das Leben, auf die Familie und vor allem auf sich selbst. Letztendlich akzeptieren beide Eltern unseren gebuchten Flug für morgen früh nach Sri Lanka und versprechen, unsere Beziehung nicht weiter zu stören und wir versprechen, in ständigem Kontakt zu bleiben sowie Bilder zu senden.
Nach einem Mittagessen mit Xiaos Familie (ohne ihren Vater) hilft uns Zara mit dem Taxi zum Flughafen-Bus der nur uns 2 die 150 km nach Peking bringt.
Am späten Abend im Pekinger Flughafen angekommen, essen wir etwas aus unserem Gepäck.
Xiao hat Angst, dass ihre Eltern sich es anders überlegen und sie doch noch hier abfangen. Unser Flug geht morgen früh um 6 Uhr – zuerst nach Malaysia und dann weiter nach Sri Lanka.
Xiao kontaktiert Arosha, die Leiterin der Montessori-Schule, wo sie im Sommer Volontär war. Sie möchte zuerst ein Bild von mir sehen und lädt uns dann ein in ihrer Schule zu wohnen, da momentan keine anderen Volontärs da sind. Sie wird uns morgen Nacht bei der Ankunft in Colombo sogar am Flughafen abholen und zur 40 km entfernten Schule bringen.
Wir finden einen Schlafplatz an einer Steckdose und bald darauf schon schläft Xiao auf dem Fahrrad-Karton.
Ich organisiere noch das Extra-Ticket für das Bike und packe unser Gepäck etwas um, bevor ich mich eine Weile neben Xiao auf den Bike-Karton zwänge.
Nach unserer Übernachtung auf dem Bike-Karton (Übernächtigung wäre zutreffender) checken wir um 4 Uhr verschlafen für den Flug nach Kuala Lumpur ein.
Bye bye – nach 72 Tagen und knapp 7500 km durch China.
(Erst) Über den Wolken ist die (gedankliche) Freiheit (von der Kontrolle durch Xiaos Familie) grenzenlos.
Sechseinhalb Stunden später sind wir im Landeanflug auf Kuala Lumpur. Direkt hinterm Flughafen beginnen die Rodungen für das Palmöl.
Etwas verschlafen aber glücklich gehen wir in den modernen Flughafenkomplex.
Nach einem teuren (aber dafür nicht leckerem) Nudelgericht lernen wir beim Handy-Laden die herzliche Kiran von Indien kennen die tief für uns empfindet.
Nach gut 7 Stunden gehen wir zum Gate für den dreieinhalbstündigen Flug nach Colombo, Sri Lankas Hauptstadt.